Aischylos «Die Orestie»
Dieser Klytaimestra ist jeder Zweifel fremd. Wenn Susann Thiede mit frisch bürolackierten Fingernägeln und dem Charme einer Politkommissarin ihren Gattenmord rechtfertigt, müsste jedes Hinrichtungskommando vor Schreck die Waffen strecken. Nicht so Orest, bei Arndt Wille ein ebenso blass verschreckter wie augenrollend erleuchteter Vaterrächer, der sein Schwert zückt, wie es eben im Stück steht.
Was soll er auch anderes machen?
Regisseur Christian Schlüter fabuliert zwar im Programmheft wortreich von der unseligen «Fluchkette» des Atridendramas, «als ob man an der Ausfahrt der Autobahn vorbeifährt», legt aber doch nur eine zweieinhalbstündige unausweichliche Schnellstraße von Strichfassung durch Peter Steins Prosafassung. Sieben Schauspieler für die Hauptprotagonisten müssen genügen, jeweils doppelt- bis dreifach beschäftigt als Chor und Erinyen. Im großen Cottbuser Schauspielhaus, Fürst Pücklers Jugendstiljuwel, hat ihnen Jürgen Höth betont spartanische Ausstattung verschafft: ein paar Tische, an denen sich der Chor berät, ein grauer Drehbühnen aufsatz, der laut Auskunft des Regisseurs ein Mühlstein sein soll, fürs fortwährende Gemetzel.
Die Männer haben hier nicht viel zu melden: ...
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Theater heute Dezember 2011
Rubrik: CHRONIK, Seite 46
von Franz Wille
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Bochum über vier Etagen als pittoreskes...