Herr K. und Herr K.
Die höchst produktive Schizophrenie des Andreas Kriegenburg ist jetzt schon neun Jahre alt. Sie brach im Jahr 2000 aus. Da sollte er am Wiener Burgtheater «Dantons Tod» inszenieren, kombiniert mit Heiner Müllers «Auftrag», ein Revolutions-Spektakel, und war sich plötzlich vollkommen sicher, wie die Bühne dazu auszusehen hatte: Drei Wände, die nach einem Vorspiel blutverschmiert zusammenstürzen sollten, um eine gekalkte weiße Kiste freizulegen, mit ein paar Klappen, Schlitzen, Öffnungen, zum Liegen und Spielen, Auftauchen und Verschwinden.
Die visuelle Vorstellung war so deutlich, dass er wusste: Damit konnte er keinen Bühnenbildner behelligen. Denn Andreas Kriegenburg will kein Regisseur sein, dem Bühnenbildner als kommandoabhängige Erfüllungsgehilfen dienen. Also hatte er nur eine Wahl: Wenn er diese Bühne wollte, musste er sie selbst machen. Das Bühnenbild zu «!Revolution!» wurde ein Erfolg, und die Schauspieler liebten es, darin zu spielen. Seitdem leben zwei Seelen in Kriegenburgs Brust, meistens, aber nicht immer, in friedlicher Koexistenz.
Die Kombination der beiden für jede Inszenierung prägenden Berufe in einer Person ist nicht allzu häufig im deutschen Theater. ...
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