Läuterung versemmelt
Frau gerät an falschen Typen. Das Geld ist knapp, Perspektive gibt es keine, der Alltag ist von Lieblosigkeit geprägt. Er schlägt sie, aber trotz Warnungen kommt sie nicht von ihm los, außerdem ist sie ja auch bald schwanger, weswegen sich eine Lösung erst bietet, als er sich selbst aus dem Spiel nimmt. Ferenc Molnárs 1906 entstandene «Vorstadtlegende» «Liliom» wird aktuell viel inszeniert, sicherlich auch, weil der Autor hier im Gewand von Kolportage und Spannungsdramaturgie auch heute relevante Themen wie Femizid und Beziehungsgewalt verhandelt.
Die Gefahr dabei ist, dass man so ein Opfernarrativ reproduziert, ein Geworfensein des Menschen in sein Schicksal, das Gewalt und Armut nur als unveränderbare Konstanten denken kann. Dass die Frau sich nicht aus der unheilvollen Be -ziehung befreit, hat bei Molnár auch damit zu tun, dass sie glaubt, ohnehin nichts ändern zu können.
Julia Prechsl umgeht diese Gefahr, indem sie die Geschichte des Triebmenschen Liliom (Günther Harder), der seine Geliebte Julie (Nora Quest) misshandelt, nach einem missglückten Raubüberfall Suizid begeht und die göttliche Chance zur Läuterung versemmelt, konsequent stilisiert. Molnárs Rummelplatzromantik ist ...
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Theater heute Mai 2025
Rubrik: Chronik, Seite 58
von Falk Schreiber
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