Anarchie und Perfektion
Der «Camino Real» ist für Lavinia Nowak ein weiter Weg in die Freiheit. Am Wiener Volkstheater vermengt die Regisseurin Anna-Sophie Mahler etliche Ensemblemitglieder mit der bekannten US-Band Calexico auf der Bühne zu einer recht konzertanten Inszenierung von Tennessee Williams’ seltsamstem Stück.
Sich neben solchen popmusikalischen Schwergewichten zu profilieren, ist ein Ding der Unmöglichkeit, erst recht, wenn man wie Nowak den Großteil der Aufführung hinter einem Gazevorhang verbringt.
«Ich darf nicht mitspielen», berichtete sie betrübt bei einer Begegnung während der Probenzeit. Dass ihr Kopf bisweilen – verfremdet blaugesichtig – auf einer acht Meter hohen Leinwand zu sehen ist, befriedigte die 29-jährige Schauspielerin kaum. «Ich habe so viele Ideen!» Zum Beispiel, dass ihre Esmeralda einen Klumpfuß hat.
Erst spät im Stück bekommt die aus Victor Hugos «Glöckner von Notre Dame» entlehnte Figur eine ausführliche Dialogszene. Bis dahin diente die Tochter der Wahrsagerin (die Berufsbezeichnung ersetzt das Z-Wort der ursprünglichen Fassung) ihrer Mutter und Zuhälterin nur als Demonstrationsobjekt: Der Mond könne Esmeraldas Jungfräulichkeit wiederherstellen, prahlt sie. Für den ...
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Theater heute Februar 2025
Rubrik: Akteure, Seite 30
von Martin Thomas Pesl
Die vom Berliner Senat am 19. Dezember beschlossenen Kürzungen haben auch für die großen Sprechtheater einschneidende Folgen: Die Schaubühne am Lehniner Platz und das Berliner Ensemble müssen im Wirtschaftsjahr 2025 je 1 Million einsparen, das Deutsche Theater 1,588 Millionen und die Volksbühne 2 Millionen Euro. Immerhin die Kinder- und Jugendtheater Grips und...
In Deutschland wird heute eine Frau* getötet werden. Und morgen wieder. Und übermorgen wieder. Statistisch gesehen, vielleicht gibt es auch ein paar Tage Pause und dann eine kleine Serie. 360 Femizide zählte das BKA im Jahr 2023, dazu kommen 578 Tötungsversuche.
Es könnte etwa so abgelaufen sein: Ein Mann betritt den Tabakladen seiner Freundin oder vielleicht...
Schauspieler können nicht stottern. Besser gesagt: Sie wissen nicht, wie man Stottern richtig spielt. «Typisch ist, dass sie nichts anderes machen, als Silben zu wiederholen», sagt Marianne Vlaschits. Ihr Stottern sei viel zu regelmäßig, es fehlten die langen, verstörenden Pausen. «Das Elementare am echten Stottern ist ja, dass der Rhythmus total zerstört wird.»
Vl...