Das Leerzeichen in uns

nach Ralph Tharayil «Nimm die Alpen weg» an den Bühnen Bern

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Auf der Bühne stehen drei Plastikkinderstühle, die hölzernen Zuschauerbänke ringsum sind so hoch, dass auch ausgewachsene Menschen mit den Beinen baumeln müssen. Kinderperspektive. Ralph Tharayil beschreibt in seinem Romandebüt «Nimm die Alpen weg» eine Kindheit in der Schweizer Provinz mit südindischen Eltern. Derzeit ist Tharayil Hausautor bei den Bühnen Bern. «Das Land, in dem wir leben, kennt den Krieg nur von Weitem. Das Land, in dessen Sprache Ma und Pa beten, kennt den Krieg von allen Seiten», schreibt er in seinem bemerkenswerten Roman.

Und später: «Woher kommt ihr, fragen unsere Freunde in der Schule. Sie wissen nicht, dass das Staunen keinen Ort besitzt.»

Ein Aufwachsen zwischen Anpassung in alle Richtungen und sich Abheben von den Träumen der Eltern – die mit dem Bambus strafen, wenn die Kinder nicht die besten Schulnoten nach Hause bringen, und europäisches Besteck auflegen, wenn Schulfreunde zum Mittagessen mitkommen. Tharayil beschreibt das liebevoll zugewandt, in einer sanften Sprache, die Poesie aus einem wachen kindlichen Blick zieht. Eine Sprache, die die Brüche benennt und die Zwischenräume luftig lässt. Manchmal gehen die Kinder in die Telefonkabine auf der ...

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Theater heute Dezember 2024
Rubrik: Chronik, Seite 57
von Andreas Klaeui

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