Ansichten eines Zirkuspferds
Man vergisst oft, dass für viele Länder Osteuropas der Kommunismus eine Zeit der Moderne war», gab der deutsch-russische Kunsttheoretiker Boris Groys nach dem Abriss des Palastes der Republik im Jahr 2007 zu bedenken. «Man will den Kommunismus bekämpfen, aber de facto bekämpft man die Moderne und landet bei vormodernen kulturellen Haltungen.
»
Treffender kann man das langjährige stadtplanerische und kulturpolitische Versagen, das letztlich zum Schloss-Replikat in Berlins historischer Mitte geführt hat – eine Art Themenpark um deutsche Monarchie und Imperialismus –, kaum auf den Punkt bringen. Bereits unmittelbar nach der Wiedervereinigung meldeten sich die ersten konservativ-revanchistischen Stimmen um Joachim Fest oder Wolf Jobst Siedler («Das Schloss lag nicht in Berlin – das Schloss war Berlin») aus der Tiefe der alten Bundesrepu -blik und spekulierten über eine Zukunft der Berliner Mitte nach historischem, imperialistischen Vorbild.
Das eigentlich Unfassbare daran ist, dass sich diese völlig abstruse Gesinnung durchgesetzt hat und (teils) mit Spendengeldern realisiert wurde. Entsprechend aufwendig und erklärungs -bedürftig gestaltet sich nun die Präsentation der ...
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Theater heute August/September 2022
Rubrik: Magazin, Seite 69
von Anja Quickert
Leute wie ich bleiben ein Leben lang in der Pubertät, weil sie immer für oder gegen den großen Papa sind. Und das ist, was der große Papa will», sagt Robert, Alter Ego des Autors und einer der Protagonisten aus Thomas Braschs 1977 veröffentlichtem Prosa-Band «Vor den Vätern sterben die Söhne». Da hatte der 1945 geborene Autor gerade seinen großen Papa verlassen,...
Doch schon wieder 20 Jahre her, dass US-Rapperin Khia die Community ermächtigte, ihr die Pussy und ähnlich provokante Partien ihres Körpers zu lecken, und zwar gut. Andererseits: Eine geschlechtlich – grob geschätzt – zumindest dreideutige Hindu-Göttin wie Kali streckt dem Patriarchat ja auch seit Jahrtausenden die Zunge raus. Will sagen: Time Gaps hin oder her,...
Da war wohl noch eine Rechnung offen. Regisseurin Karin Henkel nimmt sich schon zum zweiten Mal Bernhards «Auslöschung» vor, diesmal aber gründlich. Beim ersten Mal, Anfang 2019 im Hamburger Schauspielhaus, war der 600-Seiten-Roman von 1986 noch eingebettet in eine Textcollage mit den Stücken «Vor dem Ruhestand» und «Ritter Dene Voss». Jetzt, nur drei Jahre später...