Dates mit dem Gestern

In Hannover inszeniert Ronny Jakubaschk Matthew Lopez’ Broadway-Erfolg «Das Vermächtnis», an der Berliner Volksbühne vertieft sich Julien Gosselin in eine besondere Epoche der deutschen Literaturgeschichte: «Sturm und Drang I»

Das Vermächtnis, nach dem Matthew Lopez sein in der angelsächsischen Welt vielfach preisgekröntes Theaterstück benannt hat, ist ein Haus auf dem Land. Der erfolgreiche Immobilienhändler Henry Wilcox hat es für seinen verstorbenen Geliebten Walter gekauft, der es jedoch nicht als Liebes-, sondern gegen Henrys Willen als Nächstenliebesnest nutzte, indem er dort HIV-Todkranke auf deren letztem Weg begleitete. Das Haus als Hospiz zieht auch Eric magisch an, Walters sehr viel jüngeren Freund, den Henry nach Walters Tod heiratet – und dem er es schließlich erneut schenkt.

Damit sich die Geschichte wiederholt? 

Das Haus ist nicht nur ein materielles Bindeglied zwischen den Generationen, erworben zu einer Zeit, als Schwulsein ein Stigma war und Männer wie Henry sich in heterosexuellen Ehen versteckten. Es ist auch eine Erinnerung daran, dass es sich bei den Möglichkeiten und Freiheiten homosexueller Mittdreißiger in den USA noch immer um ziemlich junge, hart erkämpfte und fragile Errungenschaften handelt. Bühnenbildner Alexandre Corazzola geht auf der großen Bühne des Schauspiels Hannover sogar so weit, das Haus nur als puppenstubengroßes Modell aus dem Bühnenboden fahren zu lassen, als ...

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Theater heute 7 2022
Rubrik: Aufführungen, Seite 22
von Eva Behrendt

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