Lyrisch organisierte Verbrechen
Die extreme Gewalt, von der Hakim Bah in «Auf dem Rasen» erzählt, bleibt sonderbar verhüllt in Sprache. Dabei steht alles wortwörtlich drin in dem mitunter schwer zu ertragenden Text: Soldaten eines Schurkenregimes schlagen Demonstrantinnen tot, vergewaltigen sie mit Gewehrläufen, lassen sie in Containern verwesen oder schmeißen sie ins Meer. Aber mit jeder ausformulierten Grässlichkeit drängt die Frage etwas mehr, warum eigentlich so unangenehm verdaulich bleibt, was einem da aufgetischt wird. Zum Teil dürfte es daran liegen, dass keiner dazu sagt, wie wahr die Geschichte ist.
In Hakim Bahs Heimat Guinea weiß man es eh: Das Massaker im Stadion von Conakry ist zum Trauma einer Generation geworden – und das Morden hat auch heute kein Ende. Aber weiß man das in Osnabrück? Regisseur Tim Egloff versucht jedenfalls gar nicht erst, die Verortung des Stoffs nachzuholen, den er gute zehn Jahre nach seiner Entstehung und bald 13 nach dem Massaker zur deutschen Erstaufführung bringt. Es bleibt ein freischwebendes Kammerspiel, in dem Mario Lopatta als Kommandant Fick-Schiss und «die Gefreite» Laila Richter zwischen Mauerschau und Paranoia jene Ereignisse verhandeln, über deren Hintergrund sie ...
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Theater heute Mai 2022
Rubrik: Chronik, Seite 62
von Jan-Paul Koopmann
1 Deutschland in Spiegelstrichen
– Hier kann man die Polizei rufen, wenn die Prostituierte dir nur lustlos einen Handjob gegeben hat, obwohl du im Voraus über PayPal für einmal Blasen gezahlt hast. Man bekommt dann ein Aktenzeichen und kann sicher sein, dass Deutschland sich darum kümmert, dass du dein Geld erstattet bekommst.
– In Deutschland glaubt man, dass der,...
Nach ihren zwei ersten Theaterstücken veröffentlichte Elfriede Jelinek im Jahr 1983 in der Zeitschrift «Theater heute» eine kernige Absage an das Theater heute, mit der sie rücksichtslos an dessen Grundfesten rüttelt. Ihr Text «Ich möchte seicht sein» erzeugte bei den Bühnen schnell eine gewisse Gereiztheit. Denn für die Betroffenen, Regisseure, Schauspieler,...
Mit dem Arbeiten ist es ungefähr so. Man tut dies oder jenes, in der Hoffnung, etwas würde danach besser sein als zuvor. Man nimmt ungeordnete Gedanken, schreibt sie auf und hofft, der Sinn möge sich einstellen; nimmt rohe Dinge und hofft, gekocht mögen sie schmecken, trägt Zeug von A nach B und hofft, dort möge es richtig sein. Denn dann wäre alles prima. Fast....