Mehr als die Schuld
Der Weg von den Schließfächern am Tor bis zu dem Trakt, in dem die Gefangenen «Ödipus» spielen, führt in eine parallele Welt. Nach Ausweis- und Impfpasskontrolle sowie einer überaus gründlichen Leibesvisitation trottet das Publikum übers Gelände der JVA Tegel, vorbei am winterlich tristen Garten mit Teich und Beton-Sitzgruppen, an zwei Sportplätzen, Schildern, die den Weg zur Schlosserei oder anderen Betrieben weisen.
Auch die einzige deutsche Gefangenen-Zeitschrift «Lichtblick» wird seit 1968 auf dem Areal aus der Kaiserzeit produziert, das eine wuchtige, zweitürmige Kirche überragt. Anscheinend wird das Publikum beobachtet aus den vergitterten Fenstern der Zellentrakte: «Viel Spaß!»-Rufe schallen über den Hof, aber auch höhnisch klingendes Gelächter.
Arbeit, Ausbildung, Kirche, Freizeit, Kultur – das alles gibt es auch im Knast. Allerdings streng reglementiert, kontrolliert und fast immer unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Auch das Leitungsteam der seit 18 Jahren mit der JVA Tegel kooperierenden Gruppe aufBruch muss bei jedem Besuch ein kompliziertes Einlassprozedere durchlaufen, schließlich könnten Mitarbeiter:innen zu (unfreiwilligen) Boten für die insgesamt 800 Insassen ...
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Theater heute Januar 2022
Rubrik: Magazin, Seite 69
von Eva Behrendt
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