Die lieben Räuber
Vielleicht ist Friedrich Schillers «Die Räuber» das vielschichtigste deutschsprachige Drama des 18. Jahrhunderts. Im Kontext einer tragischen Familiengeschichte wird hier von Karl Moor erzählt, den Idealismus und Ablehnung gesellschaftlicher Zwänge (sowie die Intrigen seines Bruders Franz) in die Arme einer Räuberbande treiben, wo er schnell zum Hauptmann aufsteigt.
Es stürmt und drängt, wie Schiller hier das Freiheitsideal unter den Gesetzlosen beschreibt, was einen gehörigen Skandal bei der Uraufführung 1782 auslöste und ein wenig überstrahlt, dass die Räuberbande durchaus nicht nur positiv geschildert wird. Insbesondere die Figur des Räuberkollegen Moritz Spiegelberg macht nämlich schon, was Gesetzlose so machen, er vergewaltigt und mordet. Also: Ganz coole Typen, diese Räuber, aber, naja, eigentlich will man mit denen doch nichts zu tun haben.
Bonn Park ist wahrscheinlich der größte Menschenfreund unter den jüngeren Theatermachern der Republik, und als solcher mag er den antibürgerlichen Charakter der Räuber bei gleichzeitiger Ablehnung ihrer Grausamkeiten. Schiller sieht er vor allem als theatrales Monument, als Theater gewordenes Reclam-Heft. «Meine Geste ist nun, dass ich ...
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Theater heute Dezember 2021
Rubrik: Aufführungen, Seite 20
von Falk Schreiber
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Das Kind sitzt im Birnbaum und erfindet die Welt. Aber nichts von dieser eigenen Welt gehört wirklich ihm – denn derart symbiotisch ist die Verbindung zum Vater, dass der Junge dessen Träume noch einmal träumt. Die Astgabel im Baum – so stellt er sich das vor – ist der Pilotensitz eines Kampffliegers, und mit Birnen legt er immer wieder Rotterdam in Schutt und...
Die blaue Musik-Box beginnt langsam zu nerven: Sie diktiert, worüber wir reden sollen, sie spielt laute Tiergeräusche ab, in der Hoffnung, dass sie uns peinlich sind, und sie gibt ein fast militärisches Tempo vor. Die Box ist die Hauptfigur in «Utopolis», einem jener theatralen Stadtspaziergänge, die unter Corona-Bedingungen boomen, inszeniert vom Regie-Kollektiv...