Mehrzweckraum des Grauens
Die Kunst des intelligenten Trollens besteht darin, das Gegenüber so zu reizen, dass es sich selbst diskreditiert. Im Netz klappt das prächtig, manchmal unfreiwillig. Beispiel Twitter: Man kann dort einen Hamburger Innensenator als «Pimmel» bezeichnen, was zunächst nicht so intelligent klingt. Heißt dieser Andy Grote und reagiert die ihm unterstellte Polizei auf die fast niedliche Beleidigung mit einer Hausdurchsuchung, ist klar, wer verloren hat.
Ein Troll, nur analog, ist auch Knut Hamsuns Romanfigur Johan Nagel. Er irritiert und provoziert.
Er ist neugierig, distanzlos, irrlichternd. Und er bringt im Roman «Mysterien», den Johan Simons zum Saisonauftakt in Bochum für die Bühne adaptiert, eine ganze Kleinstadt aus dem kommunalen Gleichgewicht des Denk- und Sagbaren.
Da piesackt zum Beispiel, wie hier üblich, der angesehene «Bevollmächtigte» des Hafenstädtchens (William Cooper) einen Mann mit leichter Behinderung namens Minute (Guy Clemens). Steven Scharf, der den eben Zugezogenen Nagel spielt, sitzt abseits in einem Campingstuhl. Plötzlich wendet er sich dem gequälten Minute zu und sagt laut, aber freundlich: «Wenn Sie Ihr Glas nehmen und es diesem Bengel auf den Kopf hauen, ...
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Theater heute November 2021
Rubrik: Aufführungen, Seite 20
von Cornelia Fiedler
Manfred Karge, Schauspieler, Stückeschreiber, Regisseur konnte (oft zusammen mit Matthias Langhoff ), von der Künstleragentur der DDR unterstützt, seit den 1970er Jahren im Westen arbeiten, u. a. an den von Claus Peymann geleiteten Bühnen in Bochum und Wien. Gemeinsam mit dem Dramaturgen Hermann Wündrich hat er im Berliner Ensemble unter der Intendanz Peymanns von...
Eva Behrendt Jenny Barthold, Sie engagieren sich in der Arbeitsgemeinschaft Nachhaltigkeit am Staatsschauspiel. Seit wann spielt das Thema Klimaschutz für Sie als Bühnen- und Kostümbildnerin eine Rolle?
Jenny Barthold Das Thema betrifft ja nicht nur die Ausstattung, sondern alle Bereiche. Persönlich ist Nachhaltigkeit mir schon lange wichtig, aber beruflich ist...
Weder Seelenfrieden-Tee noch Putztherapie: Diesem Mann (Philippe Goos) ist nicht zu helfen. Er ist ein hektischer Hysteriker, ein dauernervöser Hypochonder, eine Drama-Queen, ein Herzinfarkt-Kandidat, eine Heulsuse. Er ist «Der eingebildete Kranke» aus Martin Heckmanns Molière-Überschreibung. Anne Lenk inszeniert das Stück – wie auch ihre zum Theatertreffen 2021...