Aus dem zersplitterten Europa

Wie der Griff ins DVD-Regal: Das Hamburger Thalia Theater verlegt sein Festival Lessingtage ins Netz und vernachlässigt darüber das Kuratieren

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Joachim Lux friert. Der Intendant des Hamburger Thalia Theaters sitzt mit Schal und Mütze in der augenscheinlich ungeheizten Theaterbar Nachtasyl und bibbert einen Text in die Kamera, eine eher freundliche als erhellende Begrüßung zum pandemiebedingt ins Internet verlagerten Festival Lessingtage: «When theatres are closed, audiences come together in their homes for a pan-european gettogether», kündigt er akzentschwer an, wobei hier vor allem der Plural bemerkenswert ist: Es geht um «audiences», um Publika, die sich in ihren Privaträumen versammeln sollen.

Vereinzelung der Theaterfans, die Zusammenkunft entsteht durch das Festival – das ist gedanklich reizvoll, als intellektuelle und theaterpraktische Übung aber auch nicht ohne Fallstricke. 

Die Lessingtage hat Lux zu seinem Amtsantritt in Hamburg 2009 aus der Taufe gehoben, ein bewusst international ausgerichtetes Festival alljährlich im Januar, das einerseits einen kulinarischen Theatergeschmack bedienen, andererseits aber auch politische Fragen nach dem multikulturellen und nicht zuletzt multireligiösen Zusammenleben in der Großstadt aufwerfen soll. In guten Jahrgängen war das dann tatsächlich ein Schaulaufen des europäischen ...

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Theater heute März 2021
Rubrik: Aufführungen, Seite 49
von Falk Schreiber

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