Mülheim/Ruhr: Unmoralischer Fixstern

nach Joris-Karl Huysmans und Michel Houellebecq «Unterwerfung/Gegen den Strich»

Theater heute - Logo

Ist das jetzt Trotz? Regisseur Philipp Preuss geriet im letzten Jahr in eine Repräsentationsdebatte: Seine Uraufführung des Dramas «atlas» von Thomas Köck wurde seitens asiatisch-deutscher Kulturschaffender grundlegend dafür kritisiert, dass hier «weiße Menschen die Geschichten von Menschen of colour auf deren Kosten nutzen» würden. In Mülheim inszeniert der weiße Mann Philipp Preuss nun, mutmaßlich demonstrativ, ein Stück über weiße Männer: «Unterwerfung/Gegen den Strich». Das wirkt selbstironisch und ist wie immer technisch perfekt umgesetzt.

Eine funktionierende Kritik des Patriarchats mit all seinen Widerlichkeiten kann der Abend letztlich aber nicht entwickeln. Dem stehen die Protagonisten mit ihrer breitbeinigen Larmoyanz stoisch im Weg.

Das Setting von Bühnenbildnerin Ramallah Aubrecht lädt subtil und wirkungsvoll zur Verbrüderung ein: Etwa die Hälfte des Publikums sitzt zwischen den Schauspieler*innen an einer breiten, fast den ganzen Saal durchmessenden, festlich weiß gedeckten Tafel, der Rest auf Abstand in zweiter Reihe. Drumherum flackern teils verfremdete Live-Videos. Am Ende der Tafel fläzt Petra von der Beek im braunen Parka als Ekel François aus Michel Houellebecqs ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Theater-heute-Artikel online lesen
  • Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Theater heute Mai 2020
Rubrik: Chronik, Seite 55
von Cornelia Fiedler

Weitere Beiträge
Nürnberg: Stramme Wadeln

Vielleicht hat es sich Philipp Löhle mit «Andi Europäer», dem neuen Auftragswerk des Hausautors am Nürnberger Staatstheater, doch ein wenig leicht gemacht? Die Idee ist reizvoll, sicher, das Ergebnis dann aber doch eher plump: ein Gag-Potpourri mit vehement behauptetem radikalem Anspruch, der aber verpufft, weil er nur Vorurteile ausbreitet und das Naheliegende ins...

Dresden: Überschießender Idealismus

Peter Holtz verfügt über eine seltene (Un-)Fähigkeit. Und zwar eine, die besonders in diktato­rischen Systemen von unschätzbarem Vorteil ist: Er zeigt sich komplett immun gegen die hohle Parteiprosa, mit der die Nomenklatura ihre fragwürdige Ordnung zu legitimieren pflegt. Diesem höchst außergewöhnlichen Kind der DDR fehlt nämlich schlicht das Gen zur...

Berlin: Planet der Affen

Gianluca Passeri, laut Programmheft zuständig für das «Bewegungs- und Verhaltenstraining Affen», ist seiner Aufgabe bewundernswert kenntnisreich nachgegangen. Es ist die reine Freude, wie Robert Beyer, Jenny König, Genija Rykova und Mark Waschke die letzte Viertelstunde von Marius von Mayenburgs «Die Affen» über die Bühne krauchen, spitze Schreie absondern,...