Triumph der Illusion
Man kann es kommen sehen. Dass in dieser Ballettstunde nicht alles mit richtigen Dingen zugeht, ist eigentlich schon auf den ersten Blick klar. Schließlich steht die Ballettlehrerin Beatrice «Trixie» Cordua mit ihren achtzig Jahren nackt auf der Bühne. Wie selbstverständlich fordert sie ihre Schülerinnen dazu auf, die Ballettstangen auf die Bühne zu stellen, um ihnen zu zeigen, wie sie ihre Körper beherrschen lernen.
Sind die Tänzerinnen zu Beginn dem Anlass entsprechend noch in Trainingsklamotten gekleidet, fallen auch hier rasch die Hüllen.
Nackt ergehen sie sich in ihren Exercises, die, wie es im Ballett üblich ist, vom kleinsten zum größten aufeinander aufbauen. «Maestro, music», ruft Cordua dazu immer wieder und lässt auch schon mal ein paar fetzigere Klänge als Motivationsschub für die Schülerinnen einspielen. Um «leicht» sein zu können, so der Titel der zweiten Szene, müssen sie sich ihre Spitzenschuhe anziehen. Ist deren zarter Seidenstoff üblicherweise in dezenten creme- und hautfarbenen Tönen gehalten, leuchten die Schuhe hier blutrot.
Eine kleine Hexe mit einem einzigen blinkenden weißen Zahn hüpft nach einigen Rohrkrepierern beim Anlassen des Motors, brum brum, auf ...
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Theater heute Januar 2020
Rubrik: Tanz- und Musiktheater, Seite 36
von Gerald Siegmund
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