Ein Fall für die Bühne
Einar Schleef war ein Kerrrl, groß, stämmig, kompakt. Er prägte sich ein als eine kräftige Einheit, strahlend von Energie. Jeder Auftritt von ihm war eine Ankunft. In ihm hausten viele Kerle: ein Zeichner, ein Maler, ein Fotograf, ein Bühnenbildner, ein Kostümdesigner, ein Regisseur, ein Choreograf. Dazu: ein Musiker, ein Schreiber, ein Schriftsteller, ein Dichter. Dazu: ein sturzgeschädigter Junge, liebessüchtig, mit Lügen auf Wahrheitssuche. So durchtobt im Innern war er ein angstverstörter Sucher nach sich selbst.
Selbstdarsteller zuletzt – in Nietzsches Gestalt; es war schon die Maske des Todes. Seine Außerordentlichkeit durchrüttelte die Kunst am Ausgang des letzten Jahrhunderts und leuchtet in dieses.
Schleefs Tagebücher enthalten die Brandspuren seines Lebens. Was mit ihnen aus der Dunkelkammer seines Daseins hervorkommt, ist Bericht von dem Versuch, seinem Sangerhausen zu entfliehen, die große Stadt Berlin, das sozialistische halbe wenigstens, zu erreichen und dort Zukunft an sich zu reißen. «Ostberlin» steht rotgedruckt am Rand des Buchdeckels. Ostberlin ist die zweite Station seines Lebens: Aufenthalt dort zwölf Jahre, 1964 bis 1976, Ulbricht/Honeckerzeit im Osten, ...
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