Mal was ganz Verrücktes
Anfang der siebziger Jahre bestand das französische Paradies noch aus Fleisch. Marco Ferreris Skandalfilm «Das große Fressen» (1973) legt davon eindrucksvoll Zeugnis ab: In einer verlassenen Vorstadtvilla erschaffen vier Männer in den besten Jahren, dargestellt von den Stars des franco-italienischen Kinos, ein Schlaraffenland aus Nacktem und Gegrilltem. Ein Lieferant bringt frisch geschlachtetes Wild und Geflügel, Schweinehälften und Charolais-Rinder werden durch den winterlichen Garten gewuchtet, Gänse und Karpfen zur letzten Mast geleitet.
Ugo (Tognazzi), Michel (Piccoli), Philippe (Noiret) und Marcello (Mastroianni) kochen und futtern sich durch einen feudalen Reigen saftiger Braten, sämiger Ragouts und schwerer Pasteten, und als die Nierchen bourguignon nicht mehr genügen, laden sie noch drei Huren dazu, deren sekundäre Geschlechtsteile wie selbstverständlich das Sortiment der Keulen und Koteletts erweitern.
Doch das Fleisch, nicht zuletzt das eigene, ist schwach und vergänglich. Wer im Paradies bleiben will, muss durch die Hölle gehen: Die schwere Kost lässt den Fernsehproduzenten Michel schon nach kurzer Zeit mit heftigen Blähungen kämpfen. Der sexuell unersättliche ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Theater-heute-Artikel online lesen
- Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Eigentlich sind Eugene O’Neill und die Wooster Group ein «match made in heaven», wie man im Amerikanischen sagt: Sie sind wie geschaffen für einander. O’Neill, Amerikas nobelpreisprämierte Antwort auf Ibsen und Strindberg, führte in den zwanziger Jahren die seriöse Theaterkunst auf den Broadway-Bühnen ein – und verlieh ihr mehr Glamour, als die dort sonst übliche...
In Karthago wird gerade mediterranes Kochstudio gespielt. Jupiter, Juno, Venus und Ganymed wuseln fröhlich mit Iarbas (Klaus Brömmelmeier) in einer großen Echtküche mit Echtessen (in Echtzeit) herum. Jupiter (Andrea Bettini), eine Transe im langen Silberschwarzen, schleckt Ganymed (der erste Schauspielauftritt von Nübling-Musikchef Lars Wittershagen!) entzückt eine...
Mit «Sein Dasein war ihm eine notwendige Last. – So lebte er hin» endet Büchners «Lenz». Wollte man die Novelle für die Bühne bearbeiten, müsste man den wahnsinnig exzentrischen, fatalen Charakter in all seiner Widersprüchlichkeit darstellen. Das noch größere Problem wäre allerdings, dass jeder sich fragen würde, warum nicht gleich den «Woyzeck» inszenieren – mit...