Münster: Der Reichsbürger in uns
Die sogenannten Reichsbürger, verrannt in eine abstruse Parallelrealität, die ihre proklamierte Staatenlosigkeit mit Waffengewalt verteidigen, tragen jene Züge von Maßlosigkeit, Narzissmus, Größenwahn, der großen Theaterfiguren innewohnt. Konstantin Küspert und Ko-Autorin Annalena Küspert mussten nicht weit suchen, um Stoff für ihre Auftragsarbeit zu generieren: Rund zwei Wochen vor der Uraufführung «Der Reichsbürger» flog in der liberalen Studentenstadt Münster, quasi vor den Toren des Theaters, wieder einer auf, mit 93 Schusswaffen und rund 200 Kilo Munition. Rund 15.
000 Reichsbürger soll es in Deutschland geben, Tendenz kräftig steigend in blühenden Zeiten der Verschwörungstheorie, die glauben, dass die deutsche Besatzung nie beendet worden ist, somit das Grundgesetz für sie nicht gelte und sie die Exekutive selbst in die bewaffnete Hand nehmen können. Schlagartig bekannt wurde die Bewegung 2016, als ein «Reichsbürger» in Bayern einen Polizisten durch seine Haustür erschoss.
Der Mann, der die Zuschauer im Theater Münster empfängt, kommt dagegen weit weniger martialisch herüber. Wilhelm Schlotterer trägt Glatze, blaues Sakko und verwegen-sympathischen Ohrring, er bietet in der ...
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Theater heute Juni 2018
Rubrik: Chronik, Seite 59
von Dorothea Marcus
Er gilt als Dramatiker, der gern aktuelle politische Fragen anpackt. Philipp Löhle, Jahrgang 1978, hat in «Das Ding» 2011 über globale Warenströme geschrieben, in «Feuerschlange» 2016 über die deutsche Waffenindustrie, in «Du, Normen» und «Du, Norma» 2013 und 2016 über geschlechtsspezifische Sozialisation. Die aktuelle Frage, die einen beim Besuch seiner neuesten...
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