Die Tintenfisch-Sexorgie

Das FIND-Festival an der Berliner Schaubühne zeigt routinierte und mit Angélica Liddells «Schwert» auch radikale Gesellschaftskritik

Theater heute - Logo

Ihr erreicht nichts, weil Ihr Euch gar nicht anstrengt», beschimpft Angélica Liddell das Publikum. «Selbstzufrieden macht Ihr andere verantwortlich für Eeure Unzulänglichkeit, Euer Scheitern. Mittelklasse der Schande und des Neids, sparsam, fleißig und familienorientiert. Ehrliche Leute ...

je vorbildlicher Euer Leben ist, desto verdorbener werdet Ihr durch Unfreiheit und Unterdrückung!»

«Qué haré yo con esta espada?», lautet die Frage, mit der die katalanische Autorin, Regisseurin und Performerin ihren fast fünfstündigen Bühnenexzess betitelt − «Was soll ich mit diesem Schwert machen?». Die Antwort gibt die radikalpoetische Theater-Liturgie selbst, die auf Nietzsches, Batailles und Lacans Spuren viel tiefer in die verdrängten Abgründe der liberalen Wohlstands- und Konsensgesellschaft hinabsteigt, als deren aufgeklärt-humanistischem Selbstbild lieb sein kann.

Damit eröffnete Liddells «Schwert» das diesjährige Festival Inter­nationale Neue Dramatik (FIND) an der Schaubühne, das vom 6. bis 22. April die «Kunst des Vergessens» zu seinem Motto erklärt hatte, auch programmatisch. Ein Vergessen, das als zynische Praxis «im Zeitalter des Neoliberalismus ... ganze Bevölkerungsteile aus ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Theater-heute-Artikel online lesen
  • Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Theater heute Juni 2018
Rubrik: Festivals, Seite 44
von Anja Quickert

Weitere Beiträge
Bis einer heult

I was so furious, I didn’t fall asleep», sagt die Frau hinter mir am Schluss der Show: Ich war so zornig, dass ich nicht einschlafen konnte. Natürlich ist es anders gemeint, dennoch klingt es – wie ein Kompliment. Wo etwas zu ärgerlich zum Einschlafen ist, da ist etwas passiert. Anselm Weber, seit Beginn dieser Spielzeit Intendant des Schauspiel Frankfurt, und...

Düsseldorf: Netzkritik für Dummies

Er gilt als Dramatiker, der gern aktuelle politische Fragen anpackt. Philipp Löhle, Jahrgang 1978, hat in «Das Ding» 2011 über globale Warenströme geschrieben, in «Feuerschlange» 2016 über die deutsche Waffenindustrie, in «Du, Normen» und «Du, Norma» 2013 und 2016 über geschlechtsspezifische Sozialisation. Die aktuelle Frage, die einen beim Besuch seiner neuesten...

Vorschau - Impressum (6/2018)

Pläne der Redaktion

Karin Henkels Inszenierungen haben keine schnell wiedererkennbare Form, aber deutliche Kontinuitäten: Rita Thieles Laudatio zur Verleihung des Theaterpreises Berlin 2018

Tucké Royale mag keine Einordnungen wie männlich, weiblich oder transsexuell. Er selbst hat sich einmal als «Pseudo-Hermaphrodit» bezeichnet. Vor allem aber macht er/sie/es...