
Kathrin Röggla; Foto: picture alliance/dpa
Gott ist ein Investor
Es geht um Macht. Der SPD-Kanzlerkandidat verspricht im Falle seines Sieges, die Normalverdiener entlasten und die Reichen zur Kasse bit-ten zu wollen. Kathrin Rögglas Stück «Normalverdiener» zeigt eine Welt, in der so ein Versprechen als anachronistisch entlarvt werden muss, weil die große sozialdemokratische Erzählung nicht mehr verfängt und der Kapitalismus in neoliberalen Zeiten damit nicht mehr beschreibbar ist. Da hilft kein «Marx und Luhmannmurx», «… seht es doch endlich mal alle ein!», sagt ein Normalverdiener im Stück.
Nationalstaatliche Lösungen, die die Ungleichheit zwischen Arm und Reich beseitigen könnten, oder politische Strategien von Regierenden, die die Markwirtschaft zu regulieren im Stande wären, sind naive Fiktionen und entfalten wenig Wirkung. Es sind die Erzählungen von individuellem Erfolg und wirtschaftlichem Wachstum, aus denen sich die Machtstrukturen in der heutigen Gesellschaft ableiten, es sind undurchschaubar erscheinende Wucherungen der globalen Finanzmärkte, die unsere Geschicke bestimmen. Nicht einzelne Staaten entscheiden zum Beispiel juristisch über die Arbeitsbedingungen in den einzelnen Ländern, sondern «internationale Schiedsgerichte», die ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Theater-heute-Artikel online lesen
- Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Theater heute Jahrbuch 2017
Rubrik: Neue Stücke der neuen Spielzeit, Seite 177
von Remsi Al Khalisi
Ich hatte mich den ganzen Abend einem Stapel von damals noch unübersetzten britischen Stücken gewidmet und mich im Zuge dessen schon durch zwei oder drei nicht wirklich gute, aber auch nicht wirklich schlechte Werke durchgekämpft. Kurz nach Mitternacht beschloss ich das letzte Stück, «Konsens» von Nina Raine, trotz der fortgeschrittenen Stunde noch in Angriff zu...
Utopische Praxis liegt dem Theater (und vielen anderen, insbesondere kollektiven künstlerischen Prozessen) sicher näher als die Ausformulierung philosophischer und staatstheoretischer Konzepte. Wir sind keine Künstleraristokratien oder Philosophenstaaten, sondern Staats-, Stadt- und Welt-Labore, in denen einerseits alle Gegensätze und Pole ungebremst aufeinander...
Unser Staat ist ein Staat der Dicken. Wer zu wenig wiegt, muss essen. Aber nur bis zu einem Limit; wer zu fett wird, muss wieder abnehmen. Der Dickste ist nicht der Chef. Es gibt keinen. Alle sind gleich dick. Da kann sich keiner beschweren, dass jemand mehr oder weniger hat. An Leibesfülle. Jeden Morgen um Punkt sechs Stelldichein beim Bäcker. Ein Stück...