
Davit Gabunia; Foto: privat
Die Schuld der Erinnerung
Während des stalinistischen «Großen Terrors» wurden in der Sowjetunion von 1936 bis ’38 rund 1,5 Millionen Menschen verhaftet – ein Prozent der Bürger. Davon wurden 750.000 erschossen, mit oder ohne Schauprozess, bis zu 200.000 weitere starben in der Lagerhaft. Diese groben, entsetzlichen Fakten sind bekannt. Über die Details gibt es zwar Bibliotheken voller Bücher und mittlerweile auch Websites; analog zu den «Stolpersteinen» für die Opfer des NS-Regimes entsteht das Projekt «Posledny Adres» (letzte Adresse).
Aber in den Staaten der ehemaligen Sowjetunion sind die Archive weder vollständig geöffnet, noch gibt es eine juristische Aufarbeitung. Die Menschenrechtsorganisation «Memorial» fordert seit 2007 die Einrichtung eines nationalen Museums zur Geschichte des Staatsterrors und eines nationalen Denkmals für die Opfer in Russland. Die Aufarbeitung der Geschichte sei keine Angelegenheit allein der Nachfolgestaaten der Sowjetunion, sondern internationalisiere sich, da der Große Terror wie Auschwitz und Hiroshima Symbol der Brüchigkeit und Labilität menschlicher Zivilisation sei.
In Georgien, dem Herkunftsland Stalins und seines Geheimdienstchefs Beria, gibt es seit 2006 ein ...
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Theater heute Jahrbuch 2017
Rubrik: Neue Stücke der neuen Spielzeit, Seite 163
von Jan Linders
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