
Katja Brunner; Foto: Katrin Ribbe
Bohrungen im Weltenbauch
Wie gehen wir mit der Vergangenheit um, gerade wenn Verbrechen geschahen, die vergraben wurden und unbeachtet erodieren wie der Erdboden? Wie gehen wir damit um, wenn diese Verbrechen in der Heimat geschahen und bis zum heutigen Tag kaum als solche erkannt werden? Die Rede ist von der Rolle der Schweiz im Zweiten Weltkrieg. Vergangenheitsbewältigung haben in diesem Land viele betrieben, und doch haben sie keine großen Spuren hinterlassen. Katja Brunner, 1991 in Zürich geboren, bewältigt die Vergangenheit mit den Mitteln der Kunst. Und die sind unberechenbar.
Wer in diesem Stück das Eindeutige sucht, scheitert schon am Titel. Es gibt nicht einen, sondern drei: «Den Schächtern ist kalt oder Ohlalahelvetia oder alles muss alt werden, nur du nicht, mein lieber holocaust». In der Arbeitsfassung, die einige Monate vor Probenbeginn vorliegt, treffen wir auf drei Frauen unterschiedlicher Generationen und zwei Männer. Wer wann spricht, ist nicht genau auszumachen, ebenso wenig die Frage, wer genau sie sind. Die Autorin? Zeitzeuginnen? Das kollektive Ich? In Brunners Stück ist eine Regieanweisung auch eine Figurenrede. Die Sprache steht im Kontrast zur geordneten Schweizer Oberfläche, ...
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Theater heute Jahrbuch 2017
Rubrik: Neue Stücke der neuen Spielzeit, Seite 161
von Andreas Karlaganis
Unser Staat ist ein Staat der Dicken. Wer zu wenig wiegt, muss essen. Aber nur bis zu einem Limit; wer zu fett wird, muss wieder abnehmen. Der Dickste ist nicht der Chef. Es gibt keinen. Alle sind gleich dick. Da kann sich keiner beschweren, dass jemand mehr oder weniger hat. An Leibesfülle. Jeden Morgen um Punkt sechs Stelldichein beim Bäcker. Ein Stück...
Wer wird in Zukunft die Macht, haben – Mensch oder Maschine? Werden wir künftig noch über uns selbst bestimmen? Oder werden wir, weil wir im rechten Moment nicht aufpassten, unsere Souveränität an intelligible Computer und Deep-Learning-Systeme abgegeben haben?
In einer ihrer Kolumnen bei «Spiegel Online» warnt Sibylle Berg uns spöttisch: «Ihre Daten sind...
In den frühen 1990er Jahren gab es alle möglichen Kandidaten für die übergreifende kulturelle Formulierung der neuen Berliner Situation. Techno-Musik und das Veranstaltungsformat des Raves etwa brachten ein völlig neues Ausgehen hervor: endlos lange Nächte, deren Attraktion nicht mehr auftretende Stars, Könner, Performer und Subjekte waren, sondern die Tanzenden...