Eskapismus im Erdreich
Es summt und brummt in allen Ecken des Hauses, als seien seine Wände selbst lebendig geworden. In einer Ecke werden Messer geschmiedet, in der nächsten wird musiziert, dort plätschert Wasser durch ein Pflanzenbewässerungssystem, da sitzt eine Reihe von Menschen versunken an einem Tisch, jede*r für sich ein Video schauend. Die Maulwürfe sind eingefallen am Frankfurter Künstlerhaus Mousonturm, vor dem nun ein Schild steht: «Welcome to Caveland!».
Drei Wochen lang hat hier ein «Festival für subterrane und geheime Lebensweisen» zum Einsteigen in andere Welten eingeladen – und damit auch zur Reflexion unserer Weltbilder und -repräsentationen.
Überschaubare Fantasien
Das Zentrum des Eskapismus: Philippe Quesnes Inszenierung «Die Nacht der Maulwürfe», die im letzten Jahr in Brüssel uraufgeführt wurde und nun erstmals in Deutschland gezeigt. Weil es darin um das geheime Leben im Untergrund geht, hat der Mousonturm ein Programm aus Installationen, Vorträgen und Performances gestrickt, die alternative Realitäten, Handlungs- und Imaginationsspielräume erkunden. In ein Foyer hat beispielsweise der Bildende Künstler und Performer Ibrahim Quraishi ein Ökosystem gebaut: Wasser tropft und rinnt ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Theater-heute-Artikel online lesen
- Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Theater heute Juni 2017
Rubrik: Magazin, Seite 66
von Esther Boldt
Die Geschichte, in die Yamila Hanna Bach während ihrer Forschungsreise im Nahen Osten gerät, ist wirklich sehr merkwürdig. Die deutsche Mikrobiologin wird in Martina Clavadetschers Siegerstück der 4. Essener Autorentage «Stück auf!» nämlich gegen ihren Willen zur Protagonistin einer bizarren Neuerzählung der biblischen Parabel von Lot. Eigentlich wollte sie nur...
«Es gibt nichts zu verstehen, aber viel zu erleben.» Der Spruch prangte schon am Eingang zu Kay Voges’ «Borderline Prozession». Nun hat er seinen angemessenen Platz gefunden auf der Übertitelungsschiene zu seiner Inszenierung von «Einstein on the Beach». Philip Glass und Robert Wilson waren sich 1976 darin einig, dass Kunst keine Erzählung irgendeiner Geschichte...
Gewissen gegen Gesetz, der Einzelne gegen den Staat - das sind die Kernthemen von Sophokles’ «Antigone». Einen anderen Schwerpunkt wählt Anna Bergmann in Karlsruhe: Sie setzt an bei der alptraumhaften Familienhistorie der Protagonistin (Antigone und ihre drei Geschwister entstammen dem Inzest zwischen Ödipus und seiner Mutter) und rückt die blutige Vorgeschichte...