Osnabrück: Doppeltes Trauma
Wieder am 8., 9., 16. Juni 2017 in Osnabrück.
Mit einem lauen Witz beginnt das Gespräch zweier Beschädigter; beide, er, Michael, und sie, die «Renata» genannt wird, treffen aufeinander in der Cafeteria einer Jugendpsychiatrie; sie kellnert und bringt fast immer Tee, wenn er Kaffee möchte. Und umgekehrt … Was sie denn so mache außerhalb des Cafés, fragt er. «Terrorismus!» sagt sie – hä? Nochmal bitte: «Tourismus.» Ach so.
Hinter dem Versprecher steckt mehr – Renata (das ist nicht ihr richtiger Name!) hatte offenbar mal eine Muttersprache, die aber nicht Deutsch war; jetzt sammelt sie (in der Leihsprache des Ortes, an dem sie lebt) Wörter, auch wenn die nicht zueinander passen: Ihr Kopf sei «wie zwei Walnüsse in der Tüte». Wie bitte?
Das Mädchen erinnert sich auch an nichts mehr von früher, während der gleich alte Junge mit dem Trauma des toten Vaters nicht zurechtkommt. Papa war zwar ein angesehener Gefäßchirurg, hat sich aber umgebracht; und wie er wollte sich dann auch der Sohn mit einem Segelboot auf See begeben, um nicht zurück zu kommen. Medizinische Begabung aber hat er geerbt, und ein neurologisches Grundlagenbuch auch – und so versucht er, auf der Basis von Experimenten mit allen Sinnen (Hören, Riechen, Sehen und so ...
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Theater heute Juni 2017
Rubrik: Chronik, Seite 59
von Michael Laages
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