Demokratie: eine Mängelliste

Angélica Liddell, Anne-Cécile Vandalem, das Teatro Mapa und Romeo Castellucci denken beim FIND-Festival an der Berliner Schaubühne über Demokratie nach

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Die Erhaltung des Staates ist mit der Erhaltung des Feindes unvereinbar», zitiert der Puppenspieler Combeferre aus dem Schlüsselwerk der Aufklärung «Du Contrat Social». «Ihr habt das unterschrieben», fährt er zum Publikum gewandt fort, «Rousseaus Gesellschaftsvertrag, dank dem ihr Länder überfallt, ganze Inseln in die Luft jagt und den Feind ausradiert ... wieder und wieder.

»

Als die spanische Autorin und Performerin Angélica Liddell 2003 anfing, ihr Theaterstück «Toter Hund in der chemischen Reinigung: die Starken» zu schreiben, marschierten die USA gerade in den Irak ein. Der «Präventivkrieg» gegen die «Achse des Bösen» stand zwar offenkundig in Widerspruch zum Völkerrecht, wurde aber durch ein grenzenloses Sicherheitsbedürfnis der US-amerikanischen Demokratie nach 9/11 «legitimiert» und durch eine internationale «Koalition der Willigen» – darunter auch Spanien.

Europa, chemisch gereinigt

Mit etwas kriminalistischem Geschick und Assoziationsbereitschaft lässt sich Liddells Stück denn auch als dramatisierte Dystopie eines zukünftigen Europas lesen, in dem «die Sicherheit» herrscht und das alle inneren wie äußeren «Feinde» eliminiert hat. Dass diese Form der Sozialhygiene die ...

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Theater heute Juni 2017
Rubrik: Festivals, Seite 44
von Anja Quickert

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Premieren im Juni · On tour · Suchlauf – Programmhinweise

Premieren im Juni 2017

Aachen,
Grenzlandtheater
1. Coble, Herbstrasen (DSE)
R. Uwe Brandt

Aachen, Theater
2. Etchells, Quizoola!
R. Marion Schneider-Bast
10. Houellebecq, Unterwerfung
R. Ewa Teilmans

Aalen, Theater der Stadt
30. Projekt, Molière
R. Tonio Kleinknecht

Baden-Baden, Theater
9. nach Beaumarchais,
Der tolle Tag oder Figaros Hochzeit
R. Thomas Höhne
25. Miller,...

Stuttgart: Vom Ende her

Am Anfang ist schon alles am Ende. Und dieses Ende ist betörend ruhig, fast meditativ und unbedingt sehenswert. In rotes Licht getaucht liegen Menschen am Boden, zärtlich miteinander verwoben, zu leisen Gitarrenklängen in Streicheleinheiten vertieft. Nur eine scheint nicht ganz dazuzuge­hören: Die Ranjewskaja (Astrid Meyerfeldt), ehemals Hausherrin hier,...

Frankfurt: Schicksal oder Altersvorsorge?

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