Demokratie: eine Mängelliste
Die Erhaltung des Staates ist mit der Erhaltung des Feindes unvereinbar», zitiert der Puppenspieler Combeferre aus dem Schlüsselwerk der Aufklärung «Du Contrat Social». «Ihr habt das unterschrieben», fährt er zum Publikum gewandt fort, «Rousseaus Gesellschaftsvertrag, dank dem ihr Länder überfallt, ganze Inseln in die Luft jagt und den Feind ausradiert ... wieder und wieder.
»
Als die spanische Autorin und Performerin Angélica Liddell 2003 anfing, ihr Theaterstück «Toter Hund in der chemischen Reinigung: die Starken» zu schreiben, marschierten die USA gerade in den Irak ein. Der «Präventivkrieg» gegen die «Achse des Bösen» stand zwar offenkundig in Widerspruch zum Völkerrecht, wurde aber durch ein grenzenloses Sicherheitsbedürfnis der US-amerikanischen Demokratie nach 9/11 «legitimiert» und durch eine internationale «Koalition der Willigen» – darunter auch Spanien.
Europa, chemisch gereinigt
Mit etwas kriminalistischem Geschick und Assoziationsbereitschaft lässt sich Liddells Stück denn auch als dramatisierte Dystopie eines zukünftigen Europas lesen, in dem «die Sicherheit» herrscht und das alle inneren wie äußeren «Feinde» eliminiert hat. Dass diese Form der Sozialhygiene die ...
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Theater heute Juni 2017
Rubrik: Festivals, Seite 44
von Anja Quickert
Premieren im Juni 2017
Aachen,
Grenzlandtheater
1. Coble, Herbstrasen (DSE)
R. Uwe Brandt
Aachen, Theater
2. Etchells, Quizoola!
R. Marion Schneider-Bast
10. Houellebecq, Unterwerfung
R. Ewa Teilmans
Aalen, Theater der Stadt
30. Projekt, Molière
R. Tonio Kleinknecht
Baden-Baden, Theater
9. nach Beaumarchais,
Der tolle Tag oder Figaros Hochzeit
R. Thomas Höhne
25. Miller,...
Am Anfang ist schon alles am Ende. Und dieses Ende ist betörend ruhig, fast meditativ und unbedingt sehenswert. In rotes Licht getaucht liegen Menschen am Boden, zärtlich miteinander verwoben, zu leisen Gitarrenklängen in Streicheleinheiten vertieft. Nur eine scheint nicht ganz dazuzugehören: Die Ranjewskaja (Astrid Meyerfeldt), ehemals Hausherrin hier,...
Wie die Zeit doch selbst den Klang der Namen verändert! Als das Stück «A bright room called day» 1985 in New York uraufgeführt wurde, da klang Kushner, der Name des Autors, politisch, aufgeklärt, demokratisch. Man dachte an New York, jüdisch-intellektuelles Milieu, Widerstand gegen die Regierungsmacht. Wenn nun, dreißig Jahre später, das Stück unter dem...