Potsdam: Fragen der Augenhöhe
Wie erzählt man im Theater angemessen über die Erfahrungen von Geflüchteten? Mangelndes Problembewusstsein kann man der Autorin dabei wirklich nicht vorwerfen. Im Programmheftgespräch erzählt Maxi Obexer von ihrem Bemühen, ihre Recherche unter Emigranten in Potsdam nicht als «Menschenschau» zu präsentieren, bei der «Geflüchtete quasi ausgestellt werden».
Wie unterläuft man die hierarchische Aufteilung zwischen einer deutschen Mehrheitsgesellschaft im Publikum, die interessiert auf ein paar «besonders spektakuläre, sensationelle Fluchtgeschichten» herabblickt? Ja, wie?
Maxi Obexer und Regisseur Clemens Bechtel haben sich im Potsdamer Hans Otto Theater für ein Zwischending entschieden aus gescripteten Erfahrungsberichten und fiktionaler Spielhandlung. In «Gehen und Bleiben» treffen zwölf Menschen aus Syrien und dem Iran, aber auch aus Russland, Mazedonien, Israel und Frankreich aufeinander, die in kleinen Spielszenen darstellen, wir ihr Leben am neuen Ort und das der zurückgebliebenen Familienangehörigen in der alten Heimat langsam, aber unaufhaltsam auseinander driftet.
Da ist der Mittvierziger aus Mazedonien, der in den 90ern während der Balkankriege nach Deutschland kam, sich ...
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Theater heute Mai 2017
Rubrik: Chronik, Seite 67
von Franz Wille
Wer schon einmal in einer Jury saß, der weiß, dass es das klare, unschuldige, ausschließlich auf Qualitätskriterien beruhende Urteil nicht gibt. Der weiß, dass ein Urteil immer auch heißt, gut eingespielte Kriterien zu hinterfragen: Ist der eigene Kompass noch korrekt? Steht einem Geschmäcklerisches im Weg, persönliche Vorlieben, Erfahrungen? Ist man womöglich...
Der Flüchtling ist meist Objekt. Ein Problem, das gelöst werden muss. Eine Zahl. Ein Kostenpunkt. Ein Punkt. Nie ein Komma. Weil er nicht mehr wegzudenken ist, muss er Ding bleiben. Es gibt ein Leben nach der Flucht. Doch die Flucht wirkt fort, ein Leben lang. Unabhängig von den jeweiligen individuellen Prägungen, von Schuld, Bewusstsein, Absicht, Sehnsucht. Der...
Alle Toten fliegen hoch»: So hieß eine fulminante Soloreihe von Joachim Meyerhoff aus den Spielzeiten 2008/09, in der der 1967 geborene Schauspieler auf verschiedene Phasen seines noch nicht allzu fortgeschrittenen Lebens zurückblickte. In mehreren pointiert geschriebenen Episoden erzählte er auf der Bühne von seinem Austauschjahr in den USA, vom Aufwachsen in...