Göttingen: Puzzle der Schamlosigkeit
Sie hat Akten durchforstet und ausgewählte Dokumente auf etwas mehr als vierzig Seiten arrangiert. Darunter Briefe Göttinger Juden, Schriftsätze der Industrie- und Handelskammer Göttingen, der Kriminalpolizei und Geheimen Staatspolizei, Inventarlisten, gestelztes Amtsdeutsch des NSDAP-Kreisleiters, Augenzeugenbefragungen aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg und gehässige Texte von Journalisten aus der Zeit, als die Nazis systematisch Juden enteigneten und in Vernichtungslager trieben. Am 15.
Dezember 1939 stand in den Göttinger Nachrichten, der 29-jährige Sohn des Produktenhändlers Nathan Hahn sei verhaftet worden. Das «Bürschchen» habe versucht, «für tausend Mark kursfähiges deutsches Goldgeld, Brillanten, Silber und Gold ins Ausland zu schmuggeln». Der Vater sei ein jüdischer Millionär und der Sohn «wie so viele seiner Art, die in ihrem Leben noch nie eine praktische Arbeit geleistet haben».
Dass die Nazis und all die Mitläufer, die hinterher nichts gewusst haben wollen, jüdische Mitbürger verunglimpften und denunzierten, um die Gunst der Stunde zu nutzen und sich zu bereichern, war bereits Inhalt vieler Dokumentationen. Gesine Schmidt hat ihre Recherche lokal fokussiert und ...
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Theater heute April 2017
Rubrik: Chronik, Seite 55
von Jürgen Berger
Wilfried Schulz macht in der ersten Spielzeit seiner Düsseldorfer Intendanz deutlich, dass er die Diaspora-Situation des auf Ausweichspielstätten vertriebenen Schauspiels, die sich nun wohl über Jahre (mindestens bis 2020) hinziehen wird, nutzen will zur offensiven Verankerung in der Stadt. Alles will er – alle Stile, alle Publikumsschichten, alle Richtungen, alle...
Mein Theater zu erklären, ist ausgesprochen schwierig.
Es ist so schwierig, dass ich nicht umhin komme, mit einem so seltsam anmutenden Thema wie «menschlichen Bomben» zu beginnen und mit «Jesus als Zimmermann» zu enden: Als ich das erste Mal von «menschlichen Bomben» hörte, war das nicht in Berichten über Angriffe von Selbstmordattentätern aus dem Mittleren...
Kleines viktorianisches Häuschen auf der Anhöhe, steile Anfahrt, rechts eine weiß gestrichene Bretterbude. Die Adresse kommt einem doch irgendwie bekannt vor. Ist das etwa «Psycho»? Der Hitchcock-Klassiker mit dem mörderischen Norman Bates, dem seine enge Mutterbindung eine heftige schizoide Störung eingetragen hat? Gleich darauf versammelt sich eine...