Warteraum der Verlorenen

Dea Loher «Unschuld»

Theater heute - Logo

Das Rauschen des Meeres. Rhythmisch schwanken die verlorenen Menschen hin und her, während die Musiker den Takt vorgeben. Eine Frau in Weiß (Claudia Iglesias Ungo) taucht auf der Kante des verrotteten Schwimmbadbunkers auf, zieht geisterhaft ihre Kreise, während zwei Immigranten (Robin Sondermann und Alexander Swoboda) ihr zusehen, aber aus Angst vor Entdeckung der Selbstmörderin nicht helfen. Es sind Schwarzafrikaner, so viel verrät der Text, aber auf der Bühne sehen wir zwei Weiße, in schlichter Kleidung, untere Mittelschicht vielleicht.

Dea Lohers Text ist ein versponnenes Gewebe verschiedener Einzelschicksale, die gemeinsam ein düsteres Weltbild ergeben, eine Verhandlung von persönlicher Schuld und Unschuld am Rande unserer Gesellschaft. Dieser Bühnenraum ist eine Mischung aus Warteraum mit Metallstühlen und Müll in den Ecken, einem Bunker mit Kontrollraum, von dem aus vielleicht in Lampedusa die Festung Europa bewacht wird, und einem längst leergelaufenen Swimmingpool mit Leiter und einem riesigen Loch als Abfluss in der Mitte (Bühne: Rimma Starodubzeva).

Wie in diesem Loch im Bühnenboden eine Familie wohnt, ihre Matratze hin- und herschiebt, die Mutter (Gabriele Möller-Lukasz) ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Theater-heute-Artikel online lesen
  • Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Theater heute Dezember 2013
Rubrik: Chronik Bremen, Seite 55
von Alexander Kohlmann

Weitere Beiträge
Theaterbücher zum Fest

Hautkontakt
zwischen
Ich und Welt
Rüdiger Safranski:
«Goethe.
Kunstwerk des Lebens»

Rüdiger Safranski ist der große Porträtkünstler unter den deutschen Philosophen, ein erzählender Denker und sanfter Theorieflüsterer, der dem Lesepublikum das wilde Denken so vertrauensbildend zuführt, als wäre die Ideengeschichte ein Streichelzoo. Stets leichtfüßig, elegant und...

Die Schwaben, die unbekannten Wesen

Das Wichtigste zu Beginn: Sie dreht sich! Die Stuttgarter Drehbühne funktioniert. Sie war in den letzten drei Jahren das vermutlich größte Hassobjekt der Bauplaner, Haustechniker und Theaterverantwortlichen in Stuttgart. Und auch Landes- und Stadtpolitiker haben das Hightech-Monster sicher regelmäßig verflucht, wenn sie die Peinlichkeit der verpatzten...

Bruch- und Herzstücke

Mit Dimiter Gotscheff ließ sich besser schweigen als reden. Als hätte er seinen Augen mehr getraut als Worten. Wenn Gotscheff zu reden begann, rau und warm, war es stockend, tastend. Ein Kampf, etwas über die Lippen zu bringen. Mehr Skepsis als Phlegma. Keine Floskeln und griffigen Formeln, keine Ma­növer. Keiner unserer Theater-Muntermacher, Alleskönner und...