Frauentypenkunde
Kaum zu glauben, dass Ödön von Horváth so etwas geschrieben haben soll: Sein Don Juan, der aus dem Ersten Weltkrieg kommt, verkörpert die einzige historische Konstante, nachdem Millionen tot sind, die alte Welt zerbrochen, der Kaiser abgedankt, das Geld nichts mehr wert ist. Nur die weiblichen Reflexe folgen noch der alten Kompassnadel.
Alle Damen der Schöpfung sind nämlich nach wie vor hinter ihm her, einem abgedankten Offizier und notorischen Frauenverzehrer, den das große Morden allerdings zu einer melodramatischen Einsicht gebracht hat: Er sucht seltsam geläutert seine Ex-Geliebte, die er vor Jahren verlassen und betrogen hat und die außerdem schon längst tot ist, was er aber nicht weiß. Der Plot allein ist hochgradig arztromanverdächtig, selbst ohne Arzt.
Noch etwas tiefer blicken lässt Horváths Vorrede. Darin fasst er Don Juan und die 35 Frauen, die ihn von Szene zu Szene mit ihrer Zuneigung verfolgen, souverän zusammen: Sie müssten von weit weniger Schauspielerinnen dargestellt werden, denn: «Es gibt nämlich keine fünfunddreißigerlei Frauen, sondern bedeutend weniger.» Die «gleichen Grundtypen» kehrten immer wieder, weiß Frauenkenner Horváth aus tiefster dramatischer ...
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Theater heute Dezember 2013
Rubrik: Chronik Berlin, Seite 54
von Franz Wille
Altenburg/Gera, TPT
6. Preußler, Der Räuber Hotzenplotz
R. Christiane Müller
11. Becker/Stengele, Ayana Rabenschwester
R. Bernhard Stengele
Anklam/Zinnowitz, Vorpommersche Landesbühne
21. Kühn, Machos auf Eis
R. Birgit Lenz
Baden-Baden, Theater
6. Durang, Vaina und Sonia und Mascha und Spike (DE)
R. Stefan Huber
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12. Gröning/Wehmeier,...
Der Abend zerfällt in zwei Teile. In jenen vor der Ermordung des österreichischen Thronfolgers Franz Ferdinand und dessen Frau Sophie und jenen nach dem Attentat. Der erste Teil: nervös, aufbrausend. Der zweite Teil: lähmend, vor sich hin siechend. Dazwischen: ein schwarzes Loch. Es klafft wie eine große Leerstelle in Biljana Srbljanovic’ neuem Stück, auch wenn...
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