Männliches Museumsstück
Was für ein moderner Mann. Wechselt die Frauen wie die Hemden und behandelt sie wie Putzlappen, und wenn sie dabei sanften Widerspruch anmelden, haut er ihnen eine «aufs Maul», wie es dann heißt. Der prähistorische Macho, intellektuell bestenfalls auf Tresenhöhe und nicht einmal zu einem kleinen Raubüberfall in der Lage, trifft zumindest bei Molnar auf die Richtige: Julie, eine heiligengleich Liebende, die großzügig duldet, bald schwanger wird und noch postum das Andenken des Schlägers und Säufers wahrt.
Ferenc Molnars «Liliom» hat nach heutigen Maßstäben alle Eigenschaften, um schnellstens vergessen zu werden. Seltsamerweise ist das Gegenteil der Fall. Michael Thalheimers Wiederentdeckung des Stücks 2000 im Hamburger Thalia Theater wurde zum Theatertreffen einladen und hat die «Vorstadtlegende» als eher zeitlos abstraktes Liebesdrama gedeutet mit starker Tendenz zum Verhängnis: Wenn der Gefühlsblitz in menschliche Herzen – oder wo auch immer – einschlägt, fragt man besser nicht mehr nach Gründen. Sondern lässt den Dingen ihren Lauf.
In Dresden scheint man aber wenigstens ein schlechtes Gewissen zu haben, zumindest neigt das Programmheft zur vorauseilenden Entschuldigung: Liliom ...
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Theater heute August/September 2012
Rubrik: Chronik, Seite 56
von Franz Wille
Andrzej Wirth Als ich 1966 zum ersten Mal nach New York kam, suchte ich über eine polnische Stiftung eine Unterkunft. Sie hieß nach dem polnischen Ingenieur und Emigranten Jurzykowski Foundation und führte an der East 37th Street ein Haus für Literaten und Künstler. Ich wohnte dort für ein paar Monate, mit anderen notgelandeten Polen. Es war nach der Zeit in...
Augsburg Fritz Kater «we are camera/jasonmaterial» · Berlin Molière «Der eingebildete Kranke», «Der Geizige» · Berlin/Dresden Ferenc Molnár «Liliom» · Bochum Gerhart Hauptmann «Vor Sonnenaufgang» · Essen nach Peter Weiss «Die Ästhetik des Widerstands» · Krefeld/Mönchengladbach Oscar Wilde «Bunbury oder Ernst sein ist wichtig» · Tübingen Sartre «Die schmutzigen...
Wahrscheinlich wäre Ernst Schumacher einverstanden gewesen, wenn man ihn als «stur» bezeichnet hätte, und zwar in der oberbayerischen Lesart des Begriffs. Also eher hartnäckig und zäh als dogmatisch; eher unbeirrbar und störrisch als ideologisch, wobei es zwischen den semantischen Feldern durchaus Überschneidungen gibt.
Er stammte aus bäuerlich katholischen...