Polen: Die Network Polonaise
Was von den Schauspielern bei ihrem ersten Auftritt als «futuristisches thailändisches Bühnenbild» angesprochen wird, sieht wie ein kugeliger Bungalow vom alten Visionär Buckminster Fuller aus und erinnert zusammen mit dem aufgeschnittenen Container von Chasper Bertschinger an die legendäre Prater-Wohnfront. Die sieben Akteure haben jedoch etwas für eine französische Boulevardkomödie erwartet. Die zweite Verwechslung betrifft das Publikum, das heute statt aus entfremdet Erschöpften nur noch aus Kreativen bestehe.
Und drittens wird sich die Frage nach dem Regietheater als Irrtum herausstellen.
Tanz der Reden
«Jackson Pollesch» läuft von Anfang an auf Hochtouren an Grzegorz Jarzynas TR Warszawa, wo der in Polen durchaus nicht unbekannte Auteur-Regisseur vor vier Jahren schon einmal einen Versuch startete. «Ragazzo dell’Europe» blieb als Konfrontation der Schauspieler mit der Pollesch-Methode allerdings unter den Erwartungen. Daraus zog der heiß umworbene, direkt für seine Schauspieler schreibende Sprechaktkomponist wohl Konsequenzen für den jetzigen Streich. Das Tempo aus den auf Englisch angetriebenen Proben ist so rasant, dass sich hier niemand mehr auf Bewährtes ...
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Theater heute November 2011
Rubrik: MAGAZIN, Seite 61
von Thomas Irmer
Wunsiedel in Oberfranken hat einen guten Ruf (Luisenburg-Festspiele für roman-tische Kulturtouristen) und einen schlechten (Rudolf-Hess-Grab für holzköpfige Nazi-Wallfahrer). Für Moritz Schoppe, widerwilliger «Held» in Michael Buselmeiers neuem Roman, kommt noch eine dritte Eigenschaft hinzu: Wunsiedel ist «finster». Denn denkt Schoppe, der an einem durchaus...
Neulich hat ein Wiener Philosoph wieder eine Kulturrevolution ausgemacht. Seit Mitte der Neunziger beobachtet Robert Pfaller einen öffentlichen «Beleuchtungswechsel». Dabei geht es um die ziemlich zentrale Frage, «wofür es sich zu leben lohnt», und vor allem um bedeutende Verschiebungen, was die allgemein akzeptierten Antworten betrifft: «Objekte und Praktiken wie...
Die Welt ist eine weiße Scheibe mit Absturzgefahr. Rausgebrochen aus einem Stück Himmel, das wie ein Heiligenschein über der Bühne schwebt (Bühne Claudia Kalinski). Alleinherrscher auf dieser Scheibe ist Minister von Walter (Moritz Dürr) als Stellvertreter des gottgleichen Präsidenten, der nie da ist, wie Sekretär Wurm (Oliver Simon) mit Blick nach oben anmerkt....