Paragrafen gegen Pferdeleben
Eines muss man dem Hengst, einer tragenden Figur aus Lars-Ole Walburgs Hannoveraner Spielzeit-Eröffnungsinszenierung, lassen: Er müht sich redlich, keine der platterdings mit seinem Namen verbundenen Assoziationen auszulassen. Schon während die Zuschauer ihre Plätze einnehmen, hüpft der Rappe in einer durch und durch humanoiden Kombination aus Rocker- und Biker-Outfit in Rampennähe herum und ignoriert wacker, dass sein prolliger Charme nicht jeder Frau Sache ist.
Seine Kollegin, die Stute, dehnt derweil im Hintergrund ihre schwarz bestrumpften Zuchtfesseln, wirft die glänzende Mähne hin und her und rückt die Ledershorts zurecht.
Leider wird der Abend für die ambitionierten, bei Katja Gaudard und Sebastian Schindegger adäquat menschelnden Nutztiere tragisch enden: Nach zwei Stunden läuft das Kunstblut in Rinnsalen an ihnen herab. Die Edel-Nylons sind zerrissen, die Mähnen stumpf, und dem Hengst fehlen die Hoden.
Wutbürger Kohlhaas
Die Verantwortung für dieses Desaster trägt der «Wutbürger» Michael Kohlhaas. Als solchen outete Walburg den Protagonisten aus Kleists Erzählung jüngst in einem Interview mit der «taz». Zur Erinnerung: Beim Kleistischen Pferdehändler, der beim ...
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Theater heute November 2011
Rubrik: AUFFÜHRUNGEN, Seite 32
von Christine Wahl
Wunsiedel in Oberfranken hat einen guten Ruf (Luisenburg-Festspiele für roman-tische Kulturtouristen) und einen schlechten (Rudolf-Hess-Grab für holzköpfige Nazi-Wallfahrer). Für Moritz Schoppe, widerwilliger «Held» in Michael Buselmeiers neuem Roman, kommt noch eine dritte Eigenschaft hinzu: Wunsiedel ist «finster». Denn denkt Schoppe, der an einem durchaus...
Theaterbetriebe werden oft als Dampfer bezeichnet, und Intendanten sehen sich bekanntlich gern in der Rolle des Steuermanns. Wohl um diesem guten Gefühl auch mal auf der Bühne Ausdruck zu verleihen, hat sich Johan Simons zur Eröffnung seiner zweiten Spielzeit als Intendant der Münchner Kammerspiele Federico Fellinis Alterswerk «E la nave va» aus dem Jahr 1983...
«Rosmersholm» wird auf ewig mit einem endlos bunten Strickschal verknüpft bleiben. Dieses bedeutsame Requisit, an dessen offenem Ende die Rebekka West von Angela Winkler während der ganzen Aufführung emsig weiterstrickte, stand im Zentrum von Peter Zadeks bis zur Zermürbung betulicher Ibsen-Inszenierung 2001. Und jetzt, zehn Jahre später auf der Volksbühne: wieder...