Zeit- und steißvergessen

Frank Castorf inszeniert «Medea» im Amphitheater von Epidaurus

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Abends sinken die Temperaturen dann doch unter vierzig Grad. Die steinernen Sitzbänke im weiten Rund des Amphitheaters sind aber immer noch so aufgeheizt, dass man sie gut als Herdplatte nutzen könnte. Das weite Rund oben am Berg, etwas abseits des Küstendorfes Epidaurus, fasst maximal 14.000 Zuschauer:innen. An diesem Abend zugelassen sind «lediglich» 9000.

Der Andrang ist groß, schließlich geht es nicht nur um diesen Regisseur aus Berlin, sondern auch um eine Frau aus Kolchis, die in ihrem Heimatland zu den Mächtigen im Staate zählt, dort aber alles zurücklässt und, angelangt im griechischen Korinth, zur rechtlosen Migrantin wird, vom Womanizer Jason schändlich verraten.

Künstlerische Direktorin des Athen Epidaurus Festival ist die renommierte Regisseurin Katerina Evangelatos, und sie hat in den letzten zwei Jahren prominente Kollegen aus Deutschland als Regisseure ins große Amphitheater eingeladen. Thomas Ostermeier brachte Maja Zades «Ödipus» zur Uraufführung, Ulrich Rasche inszenierte mit «Agamemnon» den ersten Teil von Aischylos’ «Orestie». In diesem Sommer soll es Frank Castorf sein, der, anders als die Kollegen, mit einem griechischen Ensemble gearbeitet hat. Etwa eine ...

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Theater heute Oktober 2023
Rubrik: Magazin, Seite 68
von Jürgen Berger

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