Wir Viktorianer
Zwei Jahrhunderte, eine historisch verbürgte Wissenschaftlerin, ein Puppenspiel, eine Alpensage und eine düstere Vision der nahen Zukunft prallen in Martina Clavadetschers neuem Stück «Frau Ada denkt Unerhörtes» aufeinander. Die Schweizer Autorin koppelt die Lebensgeschichte der ersten Programmiererin, Ada Lovelace, mit einer in der Zukunft spielenden Parabel über künstliche Intelligenz. Ein fantasievoller, surreal aufgeladener Text, der den Umgang von Mensch mit Maschine mit teils komischer, teils unheimlicher Wirkung kritisch ins Zentrum stellt.
Anlass zu ihrem neuen Stück, so Martina Clavadetscher, war die Beschäftigung mit mythischen Schöpfungsgeschichten. Immer wieder erschaffen meist «Herren der Schöpfung» aus unbelebter Materie ein weibliches Wesen und erwecken es zum Leben: Gott schafft Eva aus der Rippe Adams, Pygmalion eine Elfenbeinstatue, die wie eine lebendige Frau aussieht, der Physiker Spalanzani baut in E.T.A Hoffmanns Erzählung «Der Sandmann» Olympia, die makellose Schöpfung einer lebensecht wirkenden, bezaubernd aussehenden mechanischen Puppe. In einigen der erfolgreichsten Kinogeschichten der letzten Jahre verlieben sich, etwa bei Spike Jonze, Männer in ihre ...
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Der Kampfpilot einer nicht genau verorteten Luftwaffe – es kann sich um jedweden Krieg handeln – erkennt bei einem Einsatz, dass sein Abschussziel eine Schule ist, er verweigert den Befehl, dreht mit der Maschine ab, um die Bombe über dem Meer abzuwerfen. Jahrzehnte später stellen zwei Künstler*innen – unabhängig voneinander– auf der Biennale di Venezia – Werke...
Theater heute Wir wollen heute über Kunst und Künstler*innen reden. Wie hat sich der Begriff, der Anspruch, die Praxis in den letzten Jahren verändert – auch und gerade durch die sozialen Medien? Der gute alte romantische Kunstbegriff mit seiner Genie-Ästhetik steht ja schon lange unter Druck. Entstanden zu noch feudalen Zeiten, gefeiert in der industriellen...