Unter Gehäuteten

Sivan Ben Yishai «Wounds Are Forever (Selbstporträt als Nationaldichterin)» (U) im Nationaltheater Mannheim

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Auf dem Weg von Berlin nach Mannheim kann sie in Weimar Halt machen und das Konzentrationslager oben auf dem Berg besuchen, das heute eine Gedenkstätte ist. In Mannheim angekommen stellt sie sich unter Umständen die Frage, warum sowohl das Weimarer als auch Mannheimer Theater auch nach 1945 unbedingt ein «National» im Titel tragen wollten. Schon klar, das hat mit Schiller und der bestenfalls idealistischen Vorstellung zu tun, er sei ein deutscher Nationaldichter.

Dass man bei solchen Zuweisungen aber nicht stehen bleiben sollte, dürfte für Sivan Ben Yishai spätestens dann relevant geworden sein, als sie für das Theater, an dem sie bis vor Kurzem noch Hausautorin war, ein Auftragswerk schrieb. 

Man sollte sich also warm anziehen, schließlich geht es in «Wounds Are Forever» nicht nur um einen Ritt durch die jüdisch-deutsche Geschichte, sondern auch um die Autorin und deren «Selbstporträt als Nationaldichterin», so der Untertitel eines Theatertextes, der alles in einem ist: komisch ironisch, verspielt autoaggressiv und als habe eine Tochter sich dann auch noch mit einer Generation beschäftigt, die einen etwas anderen Bezug zu Deutschland und der Shoah hat als sie selbst. Mit dem ...

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Theater heute November 2021
Rubrik: Chronik, Seite 58
von Jürgen Berger

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