Unten und oben
Es gibt sie noch, die Arbeiterklasse. Maria etwa: eine reizende Provinzprolette, die selbstbewusst an den ihr schüchtern hinterherpfeifenden Hafenarbeitern vorbeistolziert, die voller Empathie auf ihre Mitmenschen einzugehen weiß, die schwanger ist, ohne zu wissen (oder ohne es zu verraten) von wem, die einen Verehrer freundlich, aber bestimmt abzuweisen versteht. Ob sie einen Vater für ihr Kind brauche, fragt der sie nach dem Sex: «Die Leute sagen, was ihnen fehlt, ist, jemand zu haben, mit dem sie die schönen Momente teilen.
Die, wenn sie lächeln oder kichern oder in den verrücktesten Farben kacken. Das könnte ich übernehmen.» Und Maria: «Ich komme zurecht, danke.» Maria, die Titelheldin aus Simon Stephens’ jüngstem Kitchen-Sink-Drama, ist eine Figur, wie man sie auch aus dem britischen Kino der neunziger Jahre kennt: vom Schicksal gebeutelt, aber dennoch zukunftsfroh, unterprivilegiert, aber intelligent, hart, aber herzensgut.
In Sebastian Nüblings Uraufführung am Hamburger Thalia ist Maria vor allem: Lisa Hagmeister. Die ist im Thalia-Ensemble die Idealbesetzung für angeschrägte, am Abgrund balancierende Proletarierinnen, zumal sie trotz ihrer 39 Jahre immer noch wirkt, als ...
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Theater heute März 2019
Rubrik: Aufführungen, Seite 20
von Falk Schreiber
Widerstand kann recht simpel daherkommen: in Form von Wanderstiefeln und roter Windjacke etwa. Denn Ora hat die Nase voll: Als ihr Sohn Ofer sich nur einen Tag nach seiner Entlassung aus dem Militärdienst freiwillig zum Kriegseinsatz meldet, packt sie ihren Rucksack und rückt aus nach Galiläa, in die Unerreichbarkeit. Denn sie ist nicht willens, die Rolle zu...
Am Ende ist doch immer wieder erstaunlich, wie viel kulturpolitisches Vertrauensporzellan in kurzer Zeit von entschlossenen Akteur*innen zerschlagen werden kann. Die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker hatte im Einvernehmen mit der örtlichen Kulturdezernentin Susanne Laugwitz-Aulbach und beraten vom pensionierten Bühnenvereinsdirektor Rolf Bolwin einen...
Geschichte, wie sie Alexandre Dumas Mitte des 19. Jahrhunderts verstand, war «der Nagel, an dem ich meine Romane aufhänge». Die Folge: Nirgends flatterten die Mäntel kühner als beim Graf von Monte Christo, nirgends klirrten die Degen spektakulärer als bei den Musketieren. Der Nagel für «Die Bartholomäusnacht» hat allerdings deutlich Rost angesetzt; an ihm allein...