Tanz um den Hammer
Eigentlich läuft das Theater gerade in Zeiten der Krise zur Höchstform auf. Als Ort subversiver Gemeinschaft und kollektiver Selbstvergewisserung, zum Mut fassen und Kraft schöpfen und um mitten in einer unübersichtlichen gesellschaftspolitischen Situation den Blick für besondere Standpunkte zu öffnen und die Gedanken zu schärfen. All das wäre auch jetzt besonders nötig. Aber diese Krise ist anders.
Das Corona-Virus trifft alle Bühnenkünste ins Mark, weil es durch seine unsichtbare Gegenwart ihre elementarste Bedingung abschneidet: die Kopräsenz von Akteuren und Zuschauern in einem Raum. Das gab’s so noch nie.
Ein politisches Versammlungsverbot kann man unterlaufen, irgendein geheimer Keller oder ein konspiratives Hinterzimmer findet sich immer. Aber diesmal ist der Feind omnipräsent, wir alle sind die potenzielle Gefahr, nicht nur für uns, sondern für andere, die uns nahestehen, Ältere, Vorerkrankte, die wir anstecken könnten. Das muss man sich erstmal klarmachen, und die Erkenntnis lähmt das gewohnte Trotzdem, mit dem man sonst Verbote von oben erstmal auf ihren Sinn abklopft. Was kann man noch tun, wenn jede spontane Bewegung aufeinander zu die Verbreitung der Gefahr bedeutet? ...
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Theater heute Mai 2020
Rubrik: Die Corona-Krise, Seite 4
von Silvia Stammen
Der Humor darf nicht verloren gehen. Gerade wenn alles beklemmend wirkt. Wie in der Box des Deutschen Theaters Berlin an einem Freitag im März dieses Jahres. Man spielt «Zu der Zeit der Königinmutter» von Fiston Mwanza Mujila, ein nebulöses, flächiges Stück, das mit postkolonialistischer Grundierung von einer fiktiven «New Jersey Bar» erzählt und von den...
Die 1980er Jahre waren glamourös. Männliche Popstars trugen Lidschatten und Lippenstift, ohne auf die Idee zu kommen, sich als genderfluid zu bezeichnen. Das Fernsehen, damals noch Leitmedium, warf einen Blick in die Welt der Superreichen. Wenn «Dallas» ab 1978 lief, drängte sich die ganze Familie, von der Oma bis zum Enkelkind, vor dem Bildschirm, schließlich...
An diesem Freitag hätten die Menschen die Züge noch überfüllen können, wie sie es jeden Freitag tun. Ich sollte nach Göttingen zur Uraufführung eines neuen Stücks mit dem interessanten Titel «Bombe!» reisen. Eingestellt hatte ich mich auf den üblichen Andrang im ICE, es gab aber Platz im Überfluss. Kein Problem, mindestens eineinhalb Meter Sicherheitsabstand zu...