Schmerzenskabarett
Etwa zur Halbzeit der Inszenierung – der jüdische Mathematikprofessor Josef Schuster ist gerade beerdigt worden – hoppelt eine Mumie auf die Bühne. Vom Scheitel bis zur Sohle ist Birgit Minichmayr in Mullbinden gewickelt, sodass sie sich nur hüpfend fortbewegen und anfangs flach liegend auf einem Stuhl balancieren kann – reife Leistung für die Bauchmuskeln.
Selbst in dieser unmöglichen Lage hat ihr Robert Schuster, der Bruder des Toten, genügend Kraft, um in breitestem Wienerisch durchs Mundloch abzuschmähen: «mich wundert ja, dass nicht das ganze österreichische Volk / längst Selbstmord gemacht hat / aber die Österreicher insgesamt als Masse / sind heute ein brutales und dummes Volk / In dieser Stadt müsste ein Sehender ja / tagtäglich rund um die Uhr Amok laufen / Was diesem armen unmündigen Volk geblieben ist / ist nichts als das Theater».
Großes Gelächter. Nicht wenige Zuschauer:innen dürften bereits die vom damaligen Burgtheaterdirektor Claus Peymann verantwortete legendäre Uraufführung von Thomas Bernhards «Heldenplatz» mit eigenen Augen gesehen haben; 1988, als eine breite Front vom sozialdemokratischen Bürgermeister Zilk über die «Kronen-Zeitung» bis zum damaligen ...
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Theater heute April 2024
Rubrik: Aufführungen, Seite 6
von Eva Behrendt
Pläne der Redaktion
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Roland Schimmelpfennigs «Laios» steht sowohl beim Theatertreffen als auch bei den Mülheimer Stücken in der Auswahl. Ein Gespräch und der Stückabdruck
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