Paragrafen gegen Pferdeleben

Lars-Ole Walburg verteidigt «Staatsfeind Kohlhaas» in einer Kleistadaption von István Tasnádi, und Peter Kastenmüller inszeniert Björn Bickers «Deportation Cast» am Schauspiel Hannover

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Eines muss man dem Hengst, einer tragenden Figur aus Lars-Ole Walburgs Hannoveraner Spielzeit-Eröffnungsinszenierung, lassen: Er müht sich redlich, keine der platterdings mit seinem Namen verbundenen Assoziationen auszulassen. Schon während die Zuschauer ihre Plätze einnehmen, hüpft der Rappe in einer durch und durch humanoiden Kombination aus Rocker- und Biker-Outfit in Rampennähe her­um und ignoriert wacker, dass sein prolliger Charme nicht jeder Frau Sache ist.

Seine Kollegin, die Stute, dehnt derweil im Hintergrund ihre schwarz bestrumpften Zuchtfesseln, wirft die glän­zende Mähne hin und her und rückt die Leder­shorts zurecht.

Leider wird der Abend für die ambitionierten, bei Katja Gaudard und Sebastian Schindegger adäquat menschelnden Nutztiere tragisch enden: Nach zwei Stunden läuft das Kunstblut in Rinnsalen an ihnen herab. Die Edel-Nylons sind zerrissen, die Mähnen stumpf, und dem Hengst fehlen die Hoden.

    Wutbürger Kohlhaas

Die Verantwortung für dieses Desaster trägt der «Wutbürger» Michael Kohlhaas. Als solchen outete Walburg den Protagonisten aus Kleists Erzählung jüngst in einem Interview mit der «taz». Zur Erinnerung: Beim Kleistischen Pferdehändler, der beim ...

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Theater heute November 2011
Rubrik: AUFFÜHRUNGEN, Seite 32
von Christine Wahl

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