Kontinentaler Perspektivwechsel
Zwei junge Menschen tippen auf ihren Handys rum. Hochkonzentriert. Mehr passiert in «Pleasant Island» nicht. Doch aus diesem radikal minimalistischen Ansatz entwickelt sich ein genresprengender Theaterabend, der irgendwo zwischen Reportage, Theater-Feature und Multimediakunst seinen Platz sucht – und auf der Euro-Scene in Leipzig einen gefunden hat. Es ist eines von vier Theaterstücken im Programm.
Der neue künstlerische Leiter Christian Watty, der dieses Tanz- und Theaterfestival von der langjährigen Leiterin Ann-Christin Wolff übernommen hat, will es programmatisch neu ausrichten: internationale Koproduktionen, weniger Osteuropabezug, mehr Einbinden lokaler Akteure. Watty ist Tanzkurator und kennt die Euro-Scene gut. Er saß im künstlerischen Beirat und wechselte nahtlos in die künstlerische Leitung. Der europäische Tanz im großen und kleinen Format bleibt ein Schwerpunkt, die Theaterschiene mit zwei koproduzierten Premieren und einer deutschen Erstaufführung fokussiert 2021 auf dokumentarische Formate.
Smartphone-Dramaturgien
Wie eben «Pleasant Island», wo sich Silke Huysmans und Hannes Dereere auf ihren Smartphones durch Geschichte und Gegenwart des Inselstaates Nauru bewegt, ...
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Theater heute Januar 2022
Rubrik: Festivals, Seite 52
von Torben Ibs
Der Weg von den Schließfächern am Tor bis zu dem Trakt, in dem die Gefangenen «Ödipus» spielen, führt in eine parallele Welt. Nach Ausweis- und Impfpasskontrolle sowie einer überaus gründlichen Leibesvisitation trottet das Publikum übers Gelände der JVA Tegel, vorbei am winterlich tristen Garten mit Teich und Beton-Sitzgruppen, an zwei Sportplätzen, Schildern, die...
Kolonialverbrechen, Klassismus, Jugendproteste in Südamerika, das defizitäre Europa – die Spielzeiteröffnung am Schauspiel Dortmund darf als Ansage verstanden werden. Zentral sind Politik, Perspektivwechsel, neue Texte. Und es geht hier grundlegend um die Positionsbestimmung als Künstler:in, als immer noch neues Ensemble um Intendantin Julia Wissert, die 2020...
«Ich bin so wenig Schauspieler, wie Sie Journalist sind», sagt Lars Eidinger, und was hier gedanklich hübsch verdreht daherkommt, ist tatsächlich die Grundprämisse, mit der Eidinger die Hamburger Kunsthalle bespielt. Als Fotograf und Videokünstler, nicht als Theater-, Film- und Fernsehstar. «Ich fotografiere schon mein gesamtes Leben, seit 1982 beschäftige ich mich...