«Der Vogelhändler». Foto: Jerzy Bin

In weiter Ferne so nah

So etwas kann natürlich auch gehörig schief gehen. Wenn bei angestrengter Gutmenschlichkeit nur noch die pure Ambition zu erkennen ist. Wenn die Bühne zum Infostand wird und das gute Gewissen zum Regiekonzept. Wenn man Hilfsbereitschaft mit Folklore garniert und am Ende multikulturelle Friedens- und Freudentänze aufführt. Wenn man Schwarz-Weiß-Malerei betreibt und auch noch stolz darauf ist.

In Konstanz hat das Theater die Kurve gerade noch einmal gekriegt. Gespielt wird hier mit «Welt 3.

0 – Maschinerie Hilfe» ein Stück über Entwicklungshilfe, das sehr nah an den Fakten von den fatalen Missverständnissen erzählt, die das Verhältnis zwischen der westlichen und der afrikanischen Welt bestimmen. Die Unterstützung unterentwickelter Regionen ist längst zu einem nach ganz brutalen kapitalistischen Regeln funktionierenden Gewerbe geworden: Um den Menschen, der auf konkrete Hilfe angewiesen ist, geht es nicht mehr, stattdessen um Millionen-Transfers, um die Interessen von Konzernen und um undurchsichtige politische Absichten. Und der Jubel über die großartige Spendenbereitschaft westlicher Nationen kommt ohne Meldungen, dass Hilfsgelder in dunklen Kanälen versickern, gar nicht mehr aus.
 
K ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Theater-heute-Artikel online lesen
  • Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Theater heute August/September 2012
Rubrik: Magazin: Afrika, Seite 67
von Bernd Noack

Weitere Beiträge
Den Mund verbieten

Die Herren nehmen an der Rampe Aufstellung und machen Front: gegen die Konvention der Konversations-Komödie bis zur vollständigen Niederlage kommunikativen Handelns. Der Erlösung, die in Oscar Wildes «Bunbury» aus Jack Worthing doch noch einen Ernst macht und ihn – demaskiert – der Ehe zuführt, verbietet Thirza Bruncken gewissermaßen den Mund. Die Darsteller...

Von indischen Elefanten und armen Hunden

So ein Plot muss einem erst einmal einfallen: Hindu-Gott Ganesh – das ist der mit dem Elefantenkopf – reist im Zweiten Weltkrieg aus Indien nach Deutschland. Seine Mission: Er will den Nazis das Hakenkreuz, ein Derivat der hinduistischen Swastika, wieder wegnehmen. Ganesh begegnet gleich einmal Doktor Mengele (der sich natürlich sehr für diesen bizarren...

Enthemmte Schreckgespenster

Der Feldforscher Alfred Loth, den Matthias Redl­hammer redlich spielt, weder im positiven noch im negativen Sinn besonders überschwänglich – dieser also ziemlich langweilige Loth trifft im Partyzelt, wo man Champagner und Austern meist im Stehen verzehrt und Abfälle auf den Boden kippt, auf eine bunt gemischte, kaputte Truppe: Da wäre der Ingenieur Hoffmann,...