In Parallelgesellschaften

Björn Bicker, Malte Jelden und Michael Graessner bespielen für das Hamburger Schauspielhaus eine Elbinsel: «New Hamburg»

Fünf Minuten. Praktisch jeder Pressebericht über das «New Hamburg»-Projekt des Hamburger Schauspielhauses nennt diese Zahl: Nur fünf Minuten fährt die S-Bahn vom Hauptbahnhof auf die Elbinsel Veddel, nach zwei Stationen ist man vom Schauspielhaus im sozialen Brennpunkt. Die Medien übernehmen damit einen Blick, der die Veddel als das Fremde sieht, als etwas, das bereist werden will.

Was so ziemlich das Gegenteil von dem ist, was Björn Bicker, Malte Jelden und Michael Graessner mit «New Hamburg» bezwecken: Ihnen geht es nicht darum, das Schauspielhaus-Publikum in fünf Minuten auf die Veddel zu locken, sondern die Kulturtechniken des Schauspielhauses für die knapp 5.000 Einwohner der Veddel nutzbar zu machen.

Bicker, Jelden und Graessner haben Erfahrung mit vergleichbaren Projekten aus München, Zürich und Stuttgart, sie wissen, wie wenig es hier bringt, mit der Tür ins Haus zu fallen respektive mit einem fertigen ästhetischen Programm anzukommen. Zunächst geht es erstens darum, Kontakte vor Ort herzustellen, und zweitens, sich bekannt zu machen – also schmiedeten sie über ein Jahr Koalitionen mit lokalen Glaubensgemein­schaften, Sportvereinen, Künstlern. Die Ästhetik ließ derweil bis ...

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Theater heute Dezember 2014
Rubrik: Magazin, Seite 68
von Falk Schreiber

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