In Adornos Gartenlaube
Der Titel gibt die Richtung vor: «Schrei und Utopie» ist der im Wolke Verlag erschienene Band überschrieben, der – pünktlich zu dessen 80. Geburtstag – Essays von Nicolas Schalz aus den vergangenen 40 Jahren bündelt.
In seiner Kontrastbildung verweist dieser Titel auf den dialektischen Grundansatz, dem das Denken des emeritierten Professors der Hochschule für Künste Bremen über Musik und Musikgeschichte verpflichtet ist; jenem auf Hegel fußenden Widerspruchsgeist, der doch stets bemüht ist, das Ganze als das Wahre und das Wahre als das Ganze zu begreifen und, wie Herausgeber Tobias Klich im Vorwort notiert, «zum Leitmotiv im Aufspüren der Modernität von Musik unabhängig von ihrer jeweiligen Entstehungszeit» wird.
Was zunächst frappiert, ist das enorme Spektrum der behandelten Themen und Topoi, die durchgängig aus der Perspektive einer «Dialektik von Erinnern und Vergessen» betrachtet werden. Was an «Alter Musik», fragt der luxemburgische Musikologe einführend, «wird in Neues übernommen, was wird vergessen oder bleibt außen vor? Warum diese Implantation eines Gewesenen in das Gegenwärtige? Wie wird sie realisiert»? Um diese Fragen zu beantworten, spannt der Autor einen weiten ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Opernwelt September/Oktober 2019
Rubrik: Hören, Sehen, Lesen, Seite 52
von Jürgen Otten
Gutes Musiktheater spult Ereignisse nicht einfach ab – ein Meisterwerk kommt erst zustande, wenn es emotionale Wucht entfaltet. Dass die nötigen Zutaten in den konfliktgespickten Lebensläufen berühmter Maler schon bereitliegen, hat etwa Hindemith am Beispiel Matthias Grünewalds («Mathis der Maler») gezeigt. Jetzt befasste sich in Sydney ein neuer Zweiakter von...
Man hört es und fühlt sich sogleich erinnert. Dieser Seufzer! Unzählige Male wurde er in die Welt entsendet, so häufig und so verzweifelt, dass man irgendwann gar nicht anders konnte, als still und leise mitzuseufzen. Auf welchen Wegen aber gelangte dieses Sekundmotiv in ein Stück, das nicht «Pique Dame» heißt und aus der Feder Peter Iljitsch Tschaikowskys stammt?...
Giuseppe Verdis «Ernani» ist eine äußerst krude Geschichte um Liebe, Verrat, Verschwörung und Rache, deren geringe Plausibilität eine größere Verbreitung verhindert hat. Dabei besitzt Verdis fünfte Oper musikalisch schon fast alles, was die späteren Werke auszeichnet: herrliche Melodien, eine raffinierte Instrumentierung und eine schon recht differenzierte...