Ecce homo
Hans Fallada wusste, was er tat, als er 1934 seinen Roman «Wer einmal aus dem Blechnapf frisst» schrieb: Sechs Jahre vorher war er selbst aus dem Gefängnis entlassen worden, nach zweieinhalb Jahren Haft wegen Betrug und Unterschlagung. Sein Alter Ego Willi Kufalt lässt er fünf Jahre einsitzen und (anders als Fallada selbst, der zum Bestseller-Autor wurde, bevor er mit 53 seiner Drogensucht erlag) an der Rückkehr ins bürgerliche Leben kläglich scheitern.
Fallada erzählt Willis Geschichte zu 90 Prozent in Dialogen, die klingen, als sei im Knast und danach, draußen in der schlimmen Welt, ein Tonband mitgelaufen, das alle Milieusprachen in artifizieller Überhöhung zum Klingen bringt – keine schlechte Vorgabe für die Bühnenfassung eines 500 Seiten starken Romans. Selten nur wird eine Erzählerstimme hörbar, die aus dem Inneren der Figuren spricht: «Zurück in seiner Zelle, fällt Willi Kufalt zusammen. So geht’s ihm immer. Wenn er mit anderen zusammen ist, redet er, erzählt er, gibt an, ist der große Ganove und allbefahrene Knastschieber, aber allein mit sich ist er sehr allein, wird klein und verzagt.»
Kreiseln, nicht fliegen
Man könnte diese Sätze als Regieanweisungen im Dialogstück ...
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Theater heute April 2017
Rubrik: Aufführungen, Seite 26
von Barbara Burckhardt
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