Düsseldorf: Rumpelstilzchen rast
Das Römische Reich ist schon zur billigen Jahrmarktsbudenattrappe (Bühne: Barbara Steiner) geworden, als Kaiser Caligula nach dem Tod seiner inzestuös geliebten Schwester Drusilla zitternd, zermatscht und zerlumpt auf der rosa Riesenluftmatratze angekrochen kommt, die seinen Palast bis dahin mit süßlich-ignoranter Sinnlosigkeit gepolstert hat. Man kann Camus’ historischen Vorbildkaiser, der von 37 bis 41 willkürlich wütete, als Vorboten des Niedergangs eines Staates lesen, dem es zu gut ging.
Folgerichtig werden in Düsseldorf ein wenig schulmeisterlich die gewaltigen Flächenauswüchse Roms auf der stets mit großem Gong herabfahrenden Leinwand nachgezeichnet, folgerichtig ist auch bald schon die Luft aus der Matratze gelassen.
Auch wenn das Imperium erst drei- bis vierhundert Jahre später real in Trümmern lag, gilt «Caligula» als wüstes Gedankenexperiment über den Rausch der Maßlosigkeit, der Menschen passieren kann, die Macht, Geld und Langeweile haben – und dann noch eine wertesprengende Zeitenwende erleben. 1938 schrieb Camus das Stück, und auch wenn Caligulas Massaker von den realen Tyrannen des 20. Jahrhunderts locker überholt wurden, setzt er doch eine immer noch gültige ...
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Theater heute Juni 2018
Rubrik: Chronik, Seite 57
von Dorothea Marcus
Sein Schwiegersohn Paul Lafargue beschrieb das Londoner Arbeitszimmer von Karl Marx als eine etwas chaotische Gelehrtenklause: Von Kamin und Fenster abgesehen, war jeder Zentimeter bedeckt von Regalen, «die mit Büchern gefüllt und bis zur Decke mit Zeitungspaketen und Manuskripten überladen waren». Selbst die Tische waren «voll mit Papieren, Büchern und Zeitungen»,...
Es sieht nicht gut aus, das globale Ökosystem. Mit gesichtskonturverflachenden Masken, dazu Basecaps, auf denen «I love Bingo» steht (wobei das Verb neckisch durch ein rotes Herz ersetzt ist) oder Sweatshirts mit der sachdienlichen Information «Everything sucks» tritt es auf der Bühne des Wiener Schauspielhauses zusammen, schickt ab und zu mal einen...
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