Düsseldorf: Die Zeit danach
Die einzige Profischauspielerin im Team, Hanna (Werth), gibt gleich zu Beginn den Problemtakt vor: «49 Prozent der Deutschen geben an, dass in ihrer Familie der Nationalsozialismus abgelehnt worden wäre. Niemand möchte gerne Nazis in der Familie haben.» Schon klar, aber: «Irgendjemand muss es gewesen sein. Hitler hat sich ja nicht selbst vom Straßenrand aus zugejubelt.
»
Wie steht es also mit Onkel Paul, Opa Heinz, Vater Karl, Mutter Liesel oder Bruder Erhard? Alle stramme Antinazis im Befehlsnotstand, die nichts getan und von nichts gewusst haben? Was haben sie eigentlich wirklich gemacht in den zwölf Hitler-Jahren, im Zweiten Weltkrieg, an der Ostfront? Und was haben sie davon erzählt? Und wer hat sie überhaupt danach gefragt? Also: Wer hat wirklich nachgefragt?
Den so simplen wie doch eigentlich selbstverständlichen Fragen gehen mit Christoph Seeger-Zurmühlen (Regie) und Juliane Hendes (Text) zehn Mitglieder der Düsseldorfer Bürgerbühne und ein Ensemblemitglied des Düsseldorfer Schauspielhauses nach, die bereit sind, auch wenig Schmeichelhaftes über die Vergangenheit herauszufinden.
Ihre Antworten fallen so einfach, selbstverständlich wie dennoch umwerfend aus. Christa meint: ...
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Theater heute März 2020
Rubrik: Chronik, Seite 55
von Franz Wille
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