Du liebst mich einfach nicht
Schon der erste Moment ist auf gute Weise irritierend. Während man in den Kammerspielen des Deutschen Theaters Berlin normalerweise auf der Tribüne Platz nimmt, sitzt man bei Jossi Wieler, der Jon Fosses neues Theaterstück «Starker Wind» inszeniert, auf der Spielfläche. Doch das begreift man erst so richtig, als sich der Vorhang lüftet und statt der Bühne der leere Zuschauerraum zu sehen ist.
Etwas trostlos wirken die schlichten Stühle, die im Kontrast zu den kitschigen Wandgemälden stehen.
Dann fällt der Blick auf einen einzelnen, mitten im Raum sitzenden und von Bernd Moss verkörperten Mann, der eigentlich ebenfalls einer Generalüberholung bedürfte. Nicht nur wegen des beamtenhaften weinroten Anzugs, den er trägt, sondern auch wegen seiner sorgenzerfurchten Stirn und der stockenden, um jede Formulierung ringenden Sprache, die sich alsbald in den wildesten Spekulationen verliert.
Ist das nun die Wohnung, in die er vor vielen Jahren mit seiner Frau gezogen ist – oder ist sie es nicht? Saß er damals vor diesem Fenster – oder vor jenem? Und gibt es das überhaupt: eine Zukunft und eine Vergangenheit?, überlegt er.
Keine Frage: Diesem Mann aus der deutschsprachigen Erstaufführung ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Theater-heute-Artikel online lesen
- Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Theater heute Januar 2022
Rubrik: Aufführungen, Seite 14
von Anna Fastabend
Nostalgie hat Konjunktur, gerade in rechten Kreisen. Die Sehnsucht nach der vermeintlich guten alten Zeit, als die Verhältnisse noch übersichtlicher, die Familien intakt, die Ordnung stabil, die Identitätspolitik noch unbekannt, Gendern kein Thema und die Kommata noch da gesetzt wurden, wo sie vor 100 Jahren gesetzt wurden, zieht sich durch alle Schichten und...
6./DONNERSTAG 20.15, arte: Feuchtgebiete
Spielfilm (Deutschland 2013) nach dem Buch von Charlotte Roche von David F. Wnendt, mit Carla Juri, Axel Milberg, Meret Becker, Christoph Letkowski u.a.
15./SAMSTAG 20.15, ORF: König Ottokars Glück und Ende
Trauerspiel in fünf Aufzügen von Franz Grillparzer, Wiener Burgtheater, März 2006. Inszenierung von Martin Kusej, mit...
Direkt neben der Keupstraße, dem Ort des NSU-Nagelbombenanschlags von 2004, liegen seit 2014 die Spielstätten des Schauspiels Köln. Die Verankerung des Schauspiels in diesem wenig beachteten Stadtteil am Rande Kölns wurde vor allem dadurch erreicht, dass der damalige Chefdramaturg Thomas Laue und Regisseur Nuran David Calis den zehnten Jahrestag des Anschlags zum...