Die Partisanentochter
The Artist is present» hieß die mehrere hundert Stunden dauernde Performance, mit der Marina Abramovic 2010 halb New York ins MOMA lockte. Doch nicht nur dort, an einem Tisch und auf zwei Stühlen, wo sich die Künstlerin und wechselnde Besucher*innen vor Publikum und Kameras gegenübersaßen und in die Augen blickten, war Abramovic anwesend: Auch in Werbespots (Adidas) und Musicvideos (Jay-Z), auf Modeschauen oder im Theater Bob Wilsons zeigte sich die Performerin seither so ausdauernd, dass es strengen Zeitgenossen schon auf die Nerven zu gehen begann.
Solche Geschmacksurteile dürften Abramovic nicht weiter anfechten. Ein Teil ihrer äußerst publicitywirksamen Aktionen diente dazu, ihr jüngstes Projekt MAI (Marina Abramovic Institute) mitzufinanzieren, eine Art Ausbildungsstätte für Performancejünger*innen am Hudson River, die dort mit einer Vielzahl performativer Techniken vertraut gemacht werden (vom Nichtshören bis zum Reiszählen). Denn Abramovic hat eine Botschaft zu überbringen, die verblüffend gut zum medienüberfrachteten, Kunst- und Technik-verstopften Zeitgeist passen: Mit Performancekunst könnt ihr lernen, achtsam zu handeln und im Jetzt zu leben.
Grenzen überschreiten
Par ...
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Theater heute Juni 2017
Rubrik: Magazin, Seite 69
von Eva Behrendt
Das Kissen liegt in seiner goldenen Kiste, als hätte der Ellbogen eines Riesen soeben eine Kuhle hinterlassen. Adrett drapiert, ein bisschen grell gemustert und so richtig riesig eben, türmt es sich zu einer Landschaft, so dass acht Menschlein wie Wollmäuse darauf herumturnen können.
Nur darf man sich dieses Ungetüm auf keinen Fall als Ruhekissen vorstellen....
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