Die eiserne Maske
Noch bevor es richtig losgeht, besteht erhöhter Aktualisierungsbedarf. Sophie Stockinger, später die Darstellerin des jungen Revolutionärs Pawel, entert die Bühne und zitiert feurig einen Aufsatz zur Arbeiterklasse und Arbeiterbewegung im 21. Jahrhundert aus einer 2003 erschienenen Nummer von «Z – Zeitschrift für marxistische Erneuerung».
Darin wird Marx zwar sanft zu Grabe getragen – sein geschichtsphilosophisches Modell der Revolution des Proletariats hat nun mal erwiesenermaßen nicht funktioniert –, aber der Neoliberalismus produziert genug soziale Ungerechtigkeit, um die Sache des Klassenkampfs weiter zu befeuern. Sprach’s und ging wieder ab.
Erst danach hebt das gute alte Museumsstück an. Schon Brecht hatte 1930 auf Ereignisse und Vorlagen zurückgegriffen, die damals ein Vierteljahrhundert alt waren: die gescheiterte Revolte von 1905/06 und Maxim Gorkis Roman «Die Mutter», die das Hintergrundleuchten der Russischen Revolution literarisch verarbeitet. Station für Station schreitet darin lehrbuchgemäß der Bewusstseinswandel der aufrechten Pelagea Wlassowa voran. Die zarentreue Kleinbürgerin muss miterleben, wie ihr Sohn, der ausgebeutete Fabrikarbeiter Pawel, an den Rand des ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Theater-heute-Artikel online lesen
- Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Theater heute November 2021
Rubrik: Chronik, Seite 55
von Franz Wille
Kay Voges ist seit der Spielzeit 2020/21 Intendant des Wiener Volkstheaters. Dass er seine Intendanz erst ein Jahr später antreten konnte, hatte nur zum Teil mit der Pandemie zu tun: Wegen der Generalsanierung des Hauses hätte er ohnedies erst im Januar 2021 starten können. Die groß angelegten Renovierungs- und Erneuerungsarbeiten – Kosten: zwischen 27,3 und 29...
Es war ein lausiges Leben, das W. führen musste. Kurz war es auch (1780–1824), voller Erniedrigungen, Entbehrungen, bestimmt von Krieg und Gewalt. Und unerfüllter Liebe. Schließlich dann diese Tat, die unentschuldbar, möglicherweise doch erklärbar ist: blinde Eifersucht? Am 21. Juni 1821 ersticht Johann Christian Woyzeck die Witwe Johanna Woost.
«Stich, stich die...
Würde nicht André Szymanski diesen Jakob spielen und das mit einer so überzeugend lässigen Ernsthaftigkeit, mit einem so nachdenklichen, ruhigen Ton, dann wäre man am Ende etwas verstimmt. Denn an den Schluss ihrer Inszenierung der «Jakobsbücher» setzt Ewelina Marciniak einen Kommentar, der den titelgebenden Helden wohl auf den Boden der feministischen Tatsachen...