Die deutsche Hütte

Heiner Müller als Revue: «Wir sind das Volk – ein Musical» von Anja Quickert und Laibach im Berliner Hebbel Theater

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Susanne Sachsse ist irgendwie der Star des Abends: Mit ihrer Paraphrase des schwarzpädagogisch-klassischen Grimmschen Märchens vom eigensinnigen Kind, das seiner Mutter nicht gehorchte und daher auch dem Herrgott nicht gefiel, der es sterben ließ und das nach der Beerdigung im­mer wieder ein Ärmchen aus dem Grab reckt, als hätte es ihm Stephen King vorgesungen, begann der Abend in der angemessen düsteren Einfärbung.

Mit dem oft bearbeiteten langen, schwarzen Heiner-Müller-Monolog «Herakles 2 oder die Hydra» setzte Sachsse einen Höhepunkt in die Mitte der Sänger- und Solisten-Parade – die eher eine Revue war als ein Musical, wie der Untertitel behauptete. Direkt nach dem Märchen trat dann aber schon Milan Fras auf: bassig krächzender Veteran von Laibach, Stimmvorbild für Rammstein und angetan mit seiner charakteristischen Fliegermütze mit Dackelohren. 

Die wichtigste Idee dieser ebenso langle­bigen wie legendären slowenischen Band Laibach, dieses sich personell ständig erneuernden Performance-Kollektivs aus dem größeren Zusammenhang des Gesamtkunstwerks der so genannte Neuen Slowenischen Kunst, besteht seit ungefähr 40 Jahren in einer ganz bestimmten Verunsicherung ihres Publikums. ...

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Theater heute April 2020
Rubrik: Aufführungen, Seite 14
von Diedrich Diederichsen

Vergriffen
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