Der Roman raschelt
Vor dem Thalia Theater toben die Vorbereitungen des Evangelischen Kirchentags. Aufgekratzte Christen spazieren durch die Hamburger Innenstadt, hoffnungsfroh, sicher im Glauben. Im Thalia hingegen ist nichts sicher. Da wird Glaube verworfen, neu aufgerollt, in Fanatismus gewendet und vor allem umfassend diskutiert: Als letzte große Premiere der Spielzeit inszeniert Luk Perceval Fjodor M. Dostojewskis Roman «Die Brüder Karamasow», der «das Ringen um Sinn und Moral» ins Zentrum stellt, ein Ringen, das eigentlich die Paradedisziplin der Religion ist.
Reden.
Und Reden
Es ist kein Zufall, dass die Premiere ausgerechnet am Vorabend des Kirchentages stattfindet: Das Thalia ist ein Spielort des evangelischen Laientreffens, «Kirchentag im Thalia Theater ist Kultur, ist Gesellschaft, ist Europa und ist eine Einladung», wirbt die Bühne auf ihrer Website, mit Perceval führt der hauseigene Spezialist für metaphysische Stoffe Regie (der freilich den Buddhismus im Vergleich zum Protestantismus für sinnstiftender hält). Und ähnlich wie beim Kirchentag mit seinem Diskurscharakter ist auch Dostojewskis 1.000 Seiten dicker Roman durchzogen von einem andauernden Abwägen unterschiedlicher Positionen: Der ...
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Theater heute Juni 2013
Rubrik: Aufführungen, Seite 24
von Falk Schreiber
Was Berlin anlangt, so kann man es, wenn man am Hauptbahnhof aussteigt, gleich kennenlernen. Da gibt es nämlich zwei Sachen. An der Nordausfahrt steht – das hat mich immer sehr beeindruckt: ‹Bombardier begrüßt Berlin.›
Und an einer Wand etwas schamhaft in der Ecke auf einer Etage dieses Bahnhofs steht vor Glas und von hinten beleuchtet ein Spruch. So, dass man ihn...
Fünf Figuren (so groß ist das Ensemble des Schlosstheaters Moers) auf Stühlen frontal zum Publikum (50 Menschen). Eine Talk-Show zum Thema Klimawandel; Moderatorin Dorothée Vogel hat sich viel vorgenommen. Rechts einer jener Wasserspender, aus denen man einen gesunden Schluck in einen Plastikbecher zapfen kann. Unter den Gästen: der ZDF-Wetterfrosch Dr. Jörg Dühne...
Unbewaffnet rückt kein Eidgenosse aufs patriotische Feld aus. Wilhelm Tell trägt seit Jahr und Tag Armbrust. Auch der Schauspieler Mike Müller wappnet sich für seinen «Truppenbesuch». «Müller inspiziert die Schweizer Armee», verspricht sein Soloabend im Zürcher Neumarkt im Untertitel.
Es hat etwas Zivilritterliches, wie sich Mike Müller das Thema erobert. Der...